Atomstreit mit dem Westen:Iran startet zweite Atomanlage zur Urananreicherung

Für den Westen ist es ein "Schritt der weiteren Eskalation": Teheran hat nach Aussage der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA damit begonnen, auf knapp 20 Prozent angereichertes Uran herzustellen. Auch der geistliche Führer Irans hat sich zum Atomstreit geäußert - und ein Einlenken seines Landes ausgeschlossen.

Paul-Anton Krüger

Irans oberster Führer, Ayatollah Ali Chamenei, hat am Montag in einer im Staatsfernsehen übertragenen Rede ausgeschlossen, dass die Islamische Republik im Atomstreit einlenkt. "Das iranische Volk glaubt an seine Führer", sagte er. "Sanktionen, die unsere Feinde Iran auferlegen, werden keine Wirkung auf unsere Nation haben." Sie würden an der Entschlossenheit Irans nichts ändern.

Mahmud Ahmadinedschad

Zeigt sich im Atomstreit mit dem Westen unnachgiebig: Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad.

(Foto: dpa)

Es ist ungewöhnlich, dass sich Chamenei direkt zu Fragen der operativen Politik äußert. Seine Worte haben in solchen Fällen aber größtes Gewicht, da der Oberste Führer in Iran das letzte Wort in allen Fragen hat, die in Zusammenhang mit der Sicherheit des Landes stehen.

Auf Konfrontationskurs

Chameneis Rede ist ein weiterer, deutlicher Hinweis darauf, dass Iran den neuen Sanktionen der USA und demnächst auch der EU mit einer konfrontativen Politik begegnet.

Am Sonntag hatte der Chef der Iranischen Atomenergieorganisation, Fereydun Abbasi-Davani, bekanntgegeben, Iran habe eine zweite Anlage zur Urananreicherung neben der in Natans in Betrieb genommen. Die Anlage bei Fordo nahe der heiligen Stadt Ghom ist in einem Berg verbunkert und militärisch wesentlich schwieriger zu attackieren als die unterirdischen Hallen in Natans. Iran hat der Internationalen Atomenergiebehörde mitgeteilt, in Fordo etwa 3000 Zentrifugen aufstellen zu wollen, auch sollen dort neue Modelle entwickelt werden.

Westliche Diplomaten in Wien bestätigten am Montag, Iran habe bereits mehrere hundert Maschinen in Betrieb genommen und produziere dort Uran mit einem Anreicherungsgrad von knapp 20 Prozent.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle sprach von einem "Schritt der weiteren Eskalation", ähnlich äußerten sich Washington und London. Der UN-Sicherheitsrat verlangt von Iran, die Anreicherung einzustellen, bis der Verdacht ausgeräumt ist, dass das Land an Atomwaffen gearbeitet hat.

Es war seit Monaten erwartet worden, dass Fordo in Betrieb geht. Dennoch dürfte dies die Spannungen mit dem Westen verschärfen und die Gefahr eines Angriffs gegen die iranischen Atomanlagen vergrößern. Israel könnte sich gezwungen sehen zuzuschlagen, bevor das Programm in wichtigen Teilen militärisch kaum mehr verwundbar ist - vor allem wenn Iran größere Mengen Uran nach Fordo verlegt oder in großer Zahl dort modernere Zentrifugen installiert. Die Größe der Anlage reicht laut Experten für militärische Zwecke, sollte Irans Führung beschließen, Atomwaffen zu bauen.

US-Verteidigungsminister Leon Panetta hatte Teheran am Sonntag davor nochmals deutlich gewarnt. "Ich denke, dass sie wissen müssen: Wenn sie einen solchen Schritt machen, werden sie gestoppt", sagte er. Zugleich wiederholte er die Einschätzung der US-Regierung, die Führung in Teheran habe noch nicht die Entscheidung getroffen, Atomwaffen herzustellen, sei aber dabei, sich die technischen Voraussetzungen dafür zu verschaffen. Panetta warnte zudem Israel vor einem einseitigen Vorgehen.

US-Generalstabschef Martin Dempsey versicherte, dass seine Truppen Irans Nuklearprogramm ausschalten könnten. Er ließ durchblicken, dass Planungen dafür im Gange seien, auch wenn Panetta an der Effektivität eines Angriffs zweifelt.

Der Verteidigungsminister warnte Iran zudem davor, die Straße von Hormus zu blockieren. "Das ist eine weitere rote Linie, und wir werden entsprechend regieren", sagte er. Zuvor hatte ein hoher Kommandeur der Revolutionsgarden in Iran gesagt, die "höchsten Autoritäten des Landes" hätten eine Blockade der Meerenge beschlossen, sollte es zu einem Ölboykott kommen.

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