Atompläne der Regierung:Schachern um Milliarden

Die Bundesregierung ist sich uneins, wie viel Geld sie für längere Laufzeiten verlangen soll - und wofür sich die Einnahmen verwenden lassen.

Michael Bauchmüller und Stefan Braun

Eine Steuer allein genügt, eine Steuer allein genügt nicht, eine Steuer allein genügt vielleicht nicht - nichts ist mehr ausgeschlossen im Streit um längere Laufzeiten für die deutschen Kernkraftwerke. Denn ob der Bund die Betreiber der Atomreaktoren nur mit einer Brennstoffsteuer belastet, ob er zusätzlich noch Mittel für den Ausbau von Ökoenergien einfordert oder sich das bis zum Schluss offenhält, ist in der Koalition umstritten.

Demonstration von Kernkraftgegnern in Biblis geplant

Reicht eine Brennelementesteuer aus - oder doch nicht? Die Bundesregierung ist sich in der Frage uneinig.

(Foto: dpa)

So fordert FDP-Chef Guido Westerwelle, es bei der Brennstoffsteuer zu belassen, die dem Bund schon im kommenden Jahr 2,3 Milliarden Euro einbringen soll. Dies sei "eine angemessene Beteiligung der Energiewirtschaft an den gesamtgesellschaftlichen Kosten", sagte Westerwelle am Montag nach einer Sitzung des FDP-Präsidiums. Dieses Volumen sei fest vereinbart.

Dagegen sprach sich die CDU nach einer Sitzung ihres Präsidiums dafür aus, die Stromkonzerne auch am Ausbau der erneuerbaren Energien zu beteiligen. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte nach den Gremiensitzungen seiner Partei, es werde nicht nur wie besprochen eine Brennelementesteuer geben, sondern darüber hinaus einen weiteren Beitrag der Energieunternehmen, um die erneuerbaren Energien zu fördern. Dies aber werde erst in Verbindung mit dem Energiekonzept der Bundesregierung konkret werden, das Ende September präsentiert werden soll.

Bundeswirtschaftsminister Brüderle gibt sich schweigsam

Auch Regierungssprecher Steffen Seibert verlegte die Antwort auf diese Frage auf Ende September: Erst mit dem Energiekonzept der Bundesregierung werde sich dann entscheiden, ob es "eine weitere Beteiligung der Industrie" geben werde. Ob es sich um eine freiwillige oder verpflichtende Beteiligung handeln würde, ließ er offen.

Vor Gröhes öffentlichen Äußerungen gab es im CDU-Präsidium eine umfassende Debatte zum Thema, aus der nach Informationen der Süddeutschen Zeitung mancher Teilnehmer einen etwas anderen Eindruck mitgenommen hat. So zitieren mehrere Teilnehmer Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in der Sitzung erklärt habe, dass sie sich in diesem Herbst eine weitere Belastung der Energiewirtschaft über die 2,3 Milliarden Euro Brennelementesteuer hinaus nicht vorstellen könne.

Zugleich argumentierten die CDU-Ministerpräsidenten aus Niedersachsen und Baden-Württemberg, David McAllister und Stefan Mappus, dass die Glaubwürdigkeit der CDU beim Thema Laufzeitverlängerung wesentlich davon abhänge, dass ein Teil der Erträge in die Förderung der erneuerbaren Energien und den Ausbau der Netze fließt. McAllister erinnerte daran, dass die Kraftwerksbetreiber bislang zwar für das geplante Endlager Gorleben, nicht aber für das Endlager Asse aufkommen müssten.

Nimmt man alle Äußerungen in der internen Sitzung zusammen, könnte das darauf hinauslaufen, dass die Brennelementesteuer geringer ausfällt, ergänzt durch eine Abgabe zur Förderung der erneuerbaren Energien. Der Ausfall für den Bundeshaushalt, so hofft mancher im CDU-Präsidium, könnte durch die erwarteten Steuermehreinnahmen im Herbst ausgeglichen werden.

Ausgangspunkt der Debatte sind die Zusatzgewinne, die den Betreibern durch die längeren Laufzeiten zufließen. Die Reaktoren sind zum großen Teil längst abgeschrieben, aufgrund ihrer Gewinne gelten sie als Perlen im deutschen Kraftwerkspark. Schon im Koalitionsvertrag hatten sich Union und FDP darauf verständigt, die Laufzeiten nicht ohne Gegenleistung zu verlängern. "Der wesentliche Teil der zusätzlich generierten Gewinne" solle von der öffentlichen Hand vereinnahmt werden, vereinbarten Union und FDP. Diese Mittel sollten "auch" dazu dienen, "eine zukunftsfähige und nachhaltige Energieversorgung und -nutzung (...) zu fördern". Unabhängig davon sollten die Betreiber finanziell an der Sanierung des maroden Atomendlagers Asse II beteiligt werden.

Bislang freilich sollen die Einnahmen aus der Brennstoffsteuer nur der Konsolidierung des Bundeshaushalts und der Asse-Sanierung dienen. Der Ausbau der Ökoenergien? Die Förderung der Energieeffizienz? Kein Wort mehr davon, insbesondere nicht bei den Liberalen. Dabei hatte vor allem Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) stets darauf gepocht, Atomeinnahmen in Ökoenergien zu stecken. Zurzeit schweigt er dazu.

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