Atommüllendlager Gorleben:Trittin wirft Merkel vor, Öffentlichkeit getäuscht zu haben

Studie ignoriert, einen "Schwarzbau" vorangetrieben: Vor der Aussage von Kanzlerin Merkel vor dem Gorleben-Untersuchungsausschuss spart die Opposition nicht mit Kritik. SPD und Grüne halten der früheren Umweltministerin vor, die Suche nach anderen Standorten verhindert zu haben.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin macht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Vorwürfe wegen des Vorgehens in der Atomendlager-Frage. "Die Wissenschaftler haben sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, dass ihre Ergebnisse von der damaligen Umweltministerin Merkel benutzt wurden, um Gorleben als alternativlos darzustellen. Angela Merkel hat die Öffentlichkeit getäuscht", sagte Trittin der Passauer Neuen Presse. Es gebe kein atomrechtliches Genehmigungsverfahren für Gorleben. "Angela Merkel hat mit ihren Entscheidungen 1994 einen Schwarzbau in Gorleben auf den Weg gebracht", sagte Trittin.

Jürgen Trittin

Jürgen Trittin, Fraktionsvorsitzender der Grünen, geht in Sachen Gorleben hart mit Kanzlerin Merkel ins Gericht.

(Foto: dapd)

Auch die SPD-Obfrau im Gorleben-Untersuchungsausschuss, Ute Vogt, wirft Merkel vor, Alternativen vernachlässigt zu haben. "Sie wollte Gorleben um jeden Preis", sagte Vogt der Deutschen Presse-Agentur. In der Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe seien 1995 andere Standorte als ebenfalls untersuchungswürdig eingestuft worden. "Ihre Feststellung war aber nach Veröffentlichung der Studie: Gorleben bleibt erste Wahl", sagte Vogt. Und dies obwohl Gorleben gar nicht Gegenstand der Untersuchung im Vergleich von 40 Standorten gewesen sei.

Die SPD-Politikerin rechnet aber nicht damit, dass es für Merkel im Ausschuss eng werden könnte. "Ich glaube nicht, dass es die große Sensation gibt, die die Kanzlerin ins Wanken bringen wird. Sie hat insofern nicht die Schlüsselentscheidung bei Gorleben, weil die eigentliche Standortentscheidung schon früher getroffen worden ist." Als Umweltministerin hätte sie aber die Chance und die Pflicht gehabt, Alternativen zu prüfen.

Einigung auf neue Suche steht noch aus

Merkel war von 1994 bis 1998 Bundesumweltministerin und damit zuständig für die Suche nach einem Endlager für radioaktiven Müll. Am Donnerstagvormittag wird ihre Aussage im Gorleben-Untersuchungsausschuss des Bundestags erwartet. Mit der Befragung der Kanzlerin endet die Zeugenvernehmung des seit 2010 tagenden Ausschusses. Er befasst sich mit der Frage, ob insbesondere CDU-Regierungen Einfluss genommen haben, um Gorleben trotz aller Zweifel als Endlager für hoch radioaktive Abfälle durchzudrücken. Mehr als 50 Zeugen wurden gehört und 2800 Aktenordner geprüft.

Merkel hatte jüngst betont, die Zeiten hätten sich seit ihrer Zeit als Umweltministerin geändert. Es gebe heute eine Bewegung, auch andere Standorte zu prüfen. Eine Einigung zwischen Bund und Ländern auf eine neue, bundesweite Suche nach einer Lagerstätte für hoch radioaktive Abfälle gibt es aber noch immer nicht. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hatte wiederholt eine baldige Einigung in Aussicht gestellt, vertagte aber gerade den Termin für ein womöglich entscheidendes Treffen auf Oktober.

Die Erkundungen in Gorleben können vorerst fortgesetzt werden. Das niedersächsische Umweltministerium stimmte der dazu nötigen Verlängerung des sogenannten Hauptbetriebsplans für das Bergwerk bis Ende des Jahres zu, teilte eine Sprecherin in Hannover am Mittwoch mit.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: