Atomlager Asse:Regierung streitet um Akten

Das Umweltministerium von Sigmar Gabriel bezichtigt das Kanzleramt, die Herausgabe von Akten zum Atomlager Asse erschwert zu haben - das Kanzleramt spricht von "unredlichen Vorwürfen".

In der Bundesregierung ist ein Streit um die Aktenherausgabe zur Aufklärung des Skandals um das einsturzgefährdete niedersächsische Atommülllager Asse in vollem Gang. Das Kanzleramt wies Angriffe von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) wegen angeblicher Verschleppung der Herausgabe umfangreicher Akten aus mehreren Jahrzehnten zurück.

ASSE atommüll lager ddp

Fässer mit leicht radioaktivem Atommüll in der Asse

(Foto: Foto: ddp)

Die Hannoversche Allgemeine Zeitung hatte berichtet, das Bundeskanzleramt habe darauf bestanden, nur Akten herauszugeben, die einen "eindeutigen Landesebzug" haben.

Das Bundeskanzleramt wies die Vorwürfe zurück. Die Herausgabe der Akten erfolge nach Recht und Gesetz, also unter Bedingung des notwendigen, verfassungsrechtlichen Landesbezug.

"Die Vorwürfe des Bundesumweltministeriums sind unredlich und widersprechen allen Fakten", hieß es im Kanzleramt. Gerade wegen der Bedeutung des Untersuchungsauftrags gehe "Gründlichkeit vor Schnelligkeit".

Zugleich wurde bekannt, dass der frühere Bundesforschungsminister Horst Ehmke (SPD) vor dem Untersuchungsausschuss in Hannover als Zeuge aussageberechtigt ist.

Einen entsprechenden Antrag aus Hannover habe das Bundeskabinett am Mittwoch der letzten Woche gebilligt, hieß es im Kanzleramt. Wie jedoch aus der Grünen-Landtagsfraktion verlautete, hat sich der 82-jährige Ehmke inzwischen krank gemeldet, so dass dessen Befragung zumindest vorerst ausscheiden dürfte. Ehmke war bis 1974 Minister gewesen.

Womöglich muss Schavan aussagen

Der Untersuchungsausschuss des Landtages hat zwar inzwischen mit seiner Arbeit begonnen, kommt jedoch bei der Nominierung der Zeugen nur schleppend voran. Experten schließen nicht aus, dass auch die jetzige Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) vom Ausschuss gehört werden soll: Sie war in der Bundesregierung zuständig für das Helmholtz-Zentrum, das seine Aufgabe als Betreiber des alten Bergwerks inzwischen an das Gabriel unterstehende Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) abgeben musste.

1967 war mit der Einlagerung des ersten schwach und mittelstark strahlenden Atommülls in der Asse begonnen worden - zunächst als Nuklearabfall aus Forschungsanlagen deklariert, inzwischen aber allgemein als Atomüll der Industrie in die Schlagzeilen geraten.

Seit Jahren dringt Lauge in das ehemalige Salzbergwerk ein, in dem bis 1978 rund 126.000 Fässer mit leicht- und mittelschwer radioaktiv belastetem Atommüll abgekippt wurden. Nach umfassenden Prüfungen soll bis Mitte Dezember über die Schließung der Anlage entschieden werden.

Zurückhaltend äußerte sich das Kanzleramt zu Gabriels Forderung einer Beteiligung der Atomwirtschaft an den Kosten der Asse, die der Umweltminister auf etwa vier Milliarden Euro taxiert. "Bei der Sanierung der Asse geht es jetzt in erster Linie darum, dass der Bundesumweltminister ein überzeugendes Konzept vorlegt, auf dessen Grundlage die Kosten zuverlässig abgeschätzt werden können."

Zu den angeforderten Asse-Unterlagen früherer Bundesregierungen heißt es, die Herausgabe der Akten sei "vom Bundeskanzleramt zu keinem Zeitpunkt erschwert" worden.

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