Süddeutsche Zeitung

Atomkraft in Japan:Zehntausende Japaner demonstrieren gegen Kernenergie

"Gebt uns die Region Fukushima zurück!", rufen japanische Demonstranten. In Tokio protestieren sie gegen die Inbetriebnahme von abgeschalteten Atomkraftwerken in ihrem Land. Die Betreiber lassen sich davon nicht beeindrucken.

Zehntausende Japaner haben in Tokio für ein Ende der Atomkraft in Japan demonstriert. Anlass waren Pläne der japanischen Regierung, gut ein Jahr nach dem Unglück von Fukushima noch in dieser Woche einen zweiten Reaktor wieder ans Netz zu bringen.

Nach Angaben der Veranstalter, die zu einer Kundgebung nahe des Yoyogi-Parks südöstlich des Stadtzentrums aufgerufen hatten, kamen gar 170.000 Menschen. Die Polizei bestätigte diese Teilnehmerzahl allerdings nicht. Die Aktivisten haben 7,85 Millionen Unterschriften gegen Atomkraft gesammelt.

"Wir brauchen keine Atomenergie!Gebt uns die Region Fukushima zurück!", riefen die Demonstranten, die aus allen Regionen des Landes in die Hauptstadt gereist waren. "Ich will meinen Kindern und Enkeln ein sauberes Japan hinterlassen", sagte eine demonstrierende Rentnerin.

Literaturnobelpreisträger Kenzaburo Oe und der japanische Popstar Ryuichi Sakamoto führten die Demonstration für ein Ende der Kernenergie an. "Die japanische Gesellschaft begeht ein nicht wieder gut zu machendes Verbrechen", sagte der Autor und Atomkraftgegner Takashi Hirose.

Die Demonstranten zeigten auch ihren Unmut über den Bericht einer parlamentarischen Untersuchungskommission, nach dem das Unglück von Fukushima auf das japanische Prinzip von Gehorsam zurückzuführen sei und nicht auf individuelle Fehler. Literaturnobelpreisträger Oe forderte, Personen wie den Präsidenten des Kraftwerkbetreibers zur Verantwortung zu ziehen. Das Unglück von Fukushima durch die japanische Kultur zu begründen, sei eine faule Ausrede, sagte er.

In den vergangenen Monaten hat die Zahl der Anti-Atom-Demonstrationen in Japan zugenommen. Nach der Katastrophe im Atomkraftwerk Fukushima im März 2011 hatten die japanischen Behörden zunächst alle 50 Atomreaktoren aus Sicherheitsgründen vom Netz genommen, sie sollten auf ihre Sicherheit hin überprüft werden.

Im Juni hatten die Betreiber den ersten Reaktor in Ohi wieder in Betrieb genommen, ein zweiter soll noch in dieser Woche wieder angeschaltet werden. Ministerpräsident Yoshihiko Noda begründete den Schritt damit, dass Atomkraft notwendig sei, um Energiesicherheit zu garantieren.

Ungeachtet aller Proteste wollen die Betreiber auch die anderen Reaktoren schrittweise wieder in Betrieb nehmen, den ersten schon an diesem Mittwoch.

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