Atomkonflikt mit Iran:Jerusalem rechnet mit 30-Tage-Krieg

Sollte Israel Iran angreifen, rechnet die Regierung in Jerusalem nur mit einem einmonatigen Konflikt. Israels Premierminister Netanjahu würde am liebsten in den kommenden Wochen losschlagen.

Die israelische Regierung geht davon aus, dass ein Angriff auf die iranischen Atomanlagen in einen einmonatigen Konflikt münden würde. "Die Analysen deuten auf einen Krieg an mehreren Fronten hin, der 30 Tage dauern würde", sagte Zivilschutz-Minister Matan Vilani am Mittwoch gegenüber der Zeitung "Maariv".

Wie auch Verteidigungsminister Ehud Barak geht er dabei von etwa 500 zivilen israelischen Opfern durch Raketenangriffe aus. Allerdings sei der Zivilschutz so gut vorbereitet wie nie zuvor. "Es gibt keinen Anlass zur Hysterie", sagte Vilani.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Barak befürworten einem Zeitungsbericht vom vergangenen Freitag zufolge einen Schlag gegen Iran noch vor der US-Präsidentenwahl im November. Allerdings fehle beiden Politikern dazu die entscheidende Unterstützung sowohl im Militär als auch im Sicherheitskabinett.

Im Falle eines Angriffs drohen Vergeltungsangriffe mit Raketen aus Iran, von Islamisten in den Palästinenser-Gebieten und von der pro-iranischen Hisbollah-Miliz im Libanon. Es wird davon ausgegangen, dass die Palästinenser im Gaza-Streifen über 10.000 und die Hisbollah über 50.000 Raketen verfügen, die auch Tel Aviv erreichen könnten. Der israelische Raketenschild dürfte einen Teil davon abwehren.

"Iran ist das Problem der ganzen Welt."

Experten diskutieren derweil, ob die israelische Bevölkerung psychologisch zu einem Krieg bereit ist. Zwar wären 500 Tote nicht mit den knapp 6.000 Opfern im Unabhängigkeitskrieg von 1948 vergleichbar. Auch während des Sechs-Tage-Kriegs 1967 und dem Jom-Kippur-Krieg 1973 kamen mehr Menschen ums Leben.

Der Militärhistoriker Martin van Creveld bezweifelt jedoch den Durchhaltewillen. Es sei fraglich, ob die israelische Bevölkerung bereit sei, den Preis für einen solchen Krieg zu zahlen.

Der ehemalige israelische Luftwaffenchef David Ivry, der den Angriff auf einen irakischen Atomreaktor 1981 geplant hatte, weist diese Bedenken zurück. "Wenn das Land entscheidet, dass die nationale Sicherheit auf dem Spiel steht, dann wird der Preis gezahlt." Für den Schriftsteller Amos Oz ist der Rückhalt in der Bevölkerung davon abhängig, ob der Konflikt als unbedingt notwendig gesehen werde. "Es kommt darauf an, ob es Krieg ohne Alternative ist oder ein Wahl-Krieg", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Einen israelischen Angriff auf Iran halte er für einen Fehler: "Iran ist das Problem der ganzen Welt."

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