Atomgipfel in Washington:Sarkozy setzt auf die Bombe

Atomgipfel in Washington: Frankreichs Präsident Sarkozy hält unverdrossen an der nuklearen Abschreckung fest. China und die USA reden über Iran - aber sie verstehen sich nicht.

"Ich werde nicht auf die Atomwaffe verzichten, die die Sicherheit meines Landes garantiert." Mit diesen Worten hat der französische Präsident Nicolas Sarkozy auf die Abrüstungsforderungen seines US-Amtskollegen Barack Obama reagiert.

"Wir haben in Frankreich die Atomtests eingestellt und unsere Waffen um ein Drittel reduziert", sagte Sarkozy am Rande des Nukleargipfels in Washington dem Sender CBS. Alles darüber hinaus gefährde die Sicherheit des Landes.

Grundsätzlich unterstütze Frankreich die Reduktion der Atomwaffen. "Aber wir behalten ein Minimum, um die Sicherheit zu garantieren", betonte Frankreichs Präsident. Bereits 2008 hatte er angekündigt, die Zahl der Atomsprengköpfe auf unter 300 zu reduzieren. Das ist etwa die Hälfte der Menge, die Frankreich während des Kalten Kriegs besessen hatte. Frankreich verfügt außerdem über vier Atom-U-Boote, von denen eins ständig unterwegs ist.

Im März hatten die USA und Russland vereinbart, die Zahl der Atomwaffen um 25 Prozent zu verringern. Dem "Neuen Start-Vertrag" zufolge wollen beide Staaten sich auf etwa 1550 Atomsprengköpfe und 700 Trägerraketen oder schwere Bomber beschränken.

Der US-Präsident hofft, dass nun auch andere Staaten ihre Atomwaffenarsenale reduzieren.

Diskussion über Sanktionen gegen Iran

Unterdessen geht die Diskussion zwischen den USA und China über neue UN-Sanktionen gegen Iran weiter. Nach anderthalbstündigen Beratungen zwischen den Präsidenten Barack Obama und Hu Jintao hatten die Amerikaner erklärt, China sei bereit, gemeinsam mit den USA Sanktionen gegen Iran vorzubereiten, um Teheran zum Einlenken im Atomstreit zu bewegen.

Die Präsidenten hätten am Rande des Gipfels zur atomaren Sicherheit in Washington verabredet, "dass zwei Delegationen gemeinsam an Sanktionen arbeiten sollten", hieß es. Obamas Ostasien-Berater Jeff Bader erklärte, die Chinesen seien "bereit, mit uns zu arbeiten".

Obama habe Hu versichert, bei den Sanktionsverhandlungen "sensibel für Chinas Energiebedürfnisse" zu sein und notfalls die Versorgung sicherzustellen, falls Teheran Peking die Ölzufuhr kappen sollte. China bezieht nahezu zwölf Prozent seines Öls aus dem Iran.

Der Sicherheitsberater des US-Präsidenten, Ben Rhodes, fügte hinzu: "Wir erwarten eine Resolution noch im Frühjahr, es könnte jetzt eine Frage von Wochen sein."

China reagierte allerdings zurückhaltend auf die Ankündigung der USA. Die chinesische Seite formulierte das Ergebnis der Beratungen eher vage. Delegationssprecher Ma Zhaoxu sagte, nach Auffassung der Volksrepublik seien "Dialog und Verhandlungen" die am besten geeigneten Möglichkeiten, eine atomare Aufrüstung des Iran zu verhindern. "China hofft, dass die beteiligten Parteien ihre diplomatischen Anstrengungen verstärken", sagte Ma.

Vor allem die USA drängen im Streit mit Iran auf eine neue Runde von UN-Sanktionen. Dies könnte China im Sicherheitsrat durch ein Veto verhindern. Der Sicherheitsrat hat bereits drei Strafrunden gegen Iran wegen Verstößen gegen UN-Resolutionen verhängt.

Russlands Präsident Dmitrij Medwedjew warnte vor Sanktionen gegen den iranischen Energiesektor. Diese würden das Land lähmen und vor allem die Bevölkerung treffen, sagte Medwedjew. Diskutiert wird etwa über ein Verbot von Treibstoffimporten, auf die Iran wegen seiner veralteten Raffinerien angewiesen ist.

Während Brasiliens Außenminister Celso Amorim eine Fortführung der Verhandlungen mit Iran forderte, unterstrich Frankreichs Präsident Sarkozy: "Die Geduld hat ihre Grenzen".

Niederlande fordern Nukleartribunal

Wer Terroristen Zugang zu atomarem Material ermöglicht oder gegen anderweitige Absprachen zur Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen verstößt, soll sich den Vorstellungen der Niederländer zufolge in Zukunft vor einem Sondergerichtshof in Den Haag verantworten. Eine solche Institution müsste allerdings erst eingerichtet werden.

Wie Ministerpräsident Jan Peter Balkenende auf dem Nukleargipfel erklärte, könnte ein solches internationales Nukleartribunal Staaten zur Rechenschaft ziehen, die Terroristen Zugang zu atomarem Material ermöglichten oder anderweitig gegen Absprachen zur Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen verstießen.

US-Präsident Barack Obama habe bei einem Arbeitsessen der Gipfelteilnehmer positiv auf den Vorschlag reagiert, sagte Balkenende nach Angaben des niederländischen Nachrichtensender NOS.

Abschreckung durch Nukleartribunal

Als Unterstützung für ein Nukleartribunal betrachte er auch die Forderung von Bundeskanzlerin Angela Merkel und des französischen Präsidenten Sarkozy nach einem internationalen Rechtssystem zur wirksamen Sicherung von Atommaterial vor dem Zugriff von Terroristen.

Merkel hatte in Washington erklärt, bei dem Gipfel sei darauf hingewiesen worden, dass bislang "gar keine juristischen Mechanismen existieren, mit denen Staaten belangt werden können, die Nuklearmaterial an terroristische Organisationen weitergeben".

Balkenende räumte ein, dass Staaten, die gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates verstoßen, kaum mit einem Nukleartribunal kooperieren würden. Aber kein Land finde es angenehm, international angeprangert zu werden. Daher könne schon von der Existenz eines solchen Sondergerichtshofes in Den Haag eine abschreckende Wirkung ausgehen.

Ukraine erklärt Verzicht auf hoch angereichertes Uran

US-Präsident Obama will mit dem Gipfel zur nuklearen Sicherheit nach eigenen Worten "die Welt ein bisschen sicherer zu machen". Dazu hat er Staats- und Regierungschefs von mehr als 40 Ländern nach Washington eingeladen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete das Treffen als ein "bemerkenswertes Ereignis". Es sei bereits ein Erfolg, dass derart viele Länder der Einladung gefolgt seien.

Einige Länder kündigten noch vor dem offiziellen Beginn des Gipfels konkrete Schritte zur Sicherung von Nuklearmaterial an. So will Kanada Bestände an hoch angereichertem Uran zur Verwahrung in die USA überführen. Das kündigte der kanadische Ministerpräsident Stephen Harper an. "Terroristen müssen daran gehindert werden, in den Besitz von Materialien zu kommen, die für den Bau von Atomwaffen verwendet werden könnten", sagte Harper. Die Ukraine erklärte ihren vollständigen Verzicht auf hoch angereichertes Uran.

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