Atomenergie:Stromkonzern Eon beugt sich der Politik

Vorstandschef Teyssen verzichtet auf den umstrittenen Plan, die Atomkraftwerke aus dem Unternehmen auszugliedern. Das Unternehmen hat unterdessen mit schlechten Zahlen zu kämpfen.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Der Düsseldorfer Stromkonzern Eon behält seine Atomkraftwerke. Anders als geplant würden sie nicht in die neue Kraftwerkstochter Uniper ausgegliedert, kündigte Eon-Chef Johannes Teyssen am Donnerstag an. "Die Kernenergie wird in der Verantwortung von Eon bleiben", sagte er. Damit endet ein wochenlanger Streit um die Frage, wer künftig für die atomaren Altlasten haftet. Mit der Ausgliederung hätte künftig Uniper alle Kosten für Rückbau und Entsorgung der AKWs tragen müssen. Nur noch fünf Jahre lang hätte Eon dafür gehaftet. Das Bundeswirtschaftsministerium wollte verhindern, dass die Lasten beim Steuerzahler landen, zum Beispiel im Fall einer Uniper-Pleite.

Erst vorige Woche waren Gesetzespläne des Bundes bekannt geworden, die Eon für alle Zukunft die Haftung aufgebürdet hätten - unabhängig von der Frage, wem die AKWs gehören. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) umschrieb das Gesetz mit der Formel "Eltern haften für ihre Kinder". Stattdessen soll nun die "neue" Eon, die sich weiterhin vor allem grüner Energie und neuen Geschäften widmen soll, eine Atomsparte namens Preussen-Elektra behalten. Alles andere sei Aktionären nicht zumutbar gewesen, sagte Teyssen. Der Eon-Konzern hätte sonst die Risiken möglicher Nachzahlungen behalten, nicht aber die Kontrolle über das Atomgeschäft. Der Kurs der Eon-Aktie erreichte am Donnerstag dennoch ein 20-Jahres-Tief.

Auch sei Gabriels Formel von Eltern und Kindern "vom Kern her falsch", sagte Teyssen. Die "tatsächlichen Geburtsväter" seien der Staat und einzelne Länder gewesen. "Für die Kernenergie gibt es und gab es von Anbeginn eine gemeinsame Verantwortung von Staat und Unternehmen", sagte er. Gemeinsam seien Staat und Unternehmen in die Atomenergie eingestiegen. "Jetzt ist es ihre gemeinsame Verantwortung, die Nutzung geordnet zu beenden."

Was das konkret bedeuten soll, ließ Teyssen offen. Seit Längerem plädiert die Branche für eine Stiftung, in der die Atomkraftwerke aufgehen könnten. Auch die Rückstellungen, die teils in Firmenbeteiligungen, teils in Finanzanlagen stecken, könnten in eine solche Stiftung einfließen. Für eventuelle Mehrkosten wollen die Unternehmen dann aber nicht aufkommen. Noch ist völlig unklar, ob die Rückstellungen am Ende reichen werden, um den Abriss von Reaktoren und den Bau eines Endlagers zu finanzieren. Insgesamt 38 Milliarden Euro stehen dafür in den Bilanzen der vier großen Stromkonzerne. Allein auf Eon entfallen 16,6 Milliarden Euro.

Derzeit unterzieht das Wirtschaftsministerium die Konzerne einem "Stresstest", um Wert und Verfügbarkeit der Rückstellungen zu klären. Er soll bis Ende des Monats abgeschlossen sein. Danach soll eine Kommission darüber befinden, wie sich die Mittel dauerhaft sichern lassen. Auch ein Fonds ist im Gespräch - mit einer Nachschusspflicht, sollte das Geld nicht reichen. Derweil vermeldet Eon einen "Wertberichtigungsbedarf im höheren einstelligen Milliardenbereich". Grund seien gesunkene Rohstoff- und Energiepreise.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: