Suche nach Atommüll-Endlager:"Geologie, nicht Ideologie"

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Hessens Ministerpräsident Bouffier hat die Suche nach Alternativen zum Endlager Gorleben ins Spiel gebracht - und muss Kritik von Markus Söder einstecken.

Michael Bauchmüller und Annette Ramelsberger

Die Bundesregierung will bei der Endlagerung von Atommüll am Standort Gorleben festhalten. "Es gibt keinen Hinweis, dass er nicht geeignet ist", sagte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans am Freitag in Berlin. "Die Erkundung Gorlebens steht weiter im Vordergrund." Zuvor war Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) für eine neue Standortsuche eingetreten, sollte sich der niedersächsische Salzstock als ungeeignet erweisen. Das Sankt-Florians-Prinzip könne nicht Grundlage der Politik sein, hatte Bouffier in der Süddeutschen Zeitung gesagt. Sollten Wissenschaftler den Salzstock für ungeeignet halten, müsse überall in Deutschland nach einem alternativen Ort für ein Endlager gesucht werden. Bislang hatten die süddeutschen Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hessen stets darauf gepocht, der niedersächsische Salzstock biete die beste Lösung für den Atommüll.

"Es gibt keinen Hinweis, dass er nicht geeignet ist": Die Bundesregierung will den Salzstock Gorleben weiter erkunden. (Foto: dapd)

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) begrüßte den Vorstoß Bouffiers. "Das ist ein Zeichen der Solidarität, auch gegenüber den Ländern, die derzeit die Lasten zu tragen haben." Mit den Salzstöcken Gorleben und Asse sowie dem geplanten Endlager für schwach- und mittelaktive Abfälle, Schacht Konrad, sollen einmal drei von vier Endlagerstandorten in Niedersachsen liegen. Ein viertes Endlager, Morsleben, befindet sich in Sachsen-Anhalt. Röttgen betonte, die Erkundung Gorlebens bleibe im Ergebnis offen. "Sie kann ein positives oder auch ein negatives Ergebnis haben."

Die niedersächsische Landesregierung zeigte sich zufrieden mit den Aussagen Bouffiers. Ministerpräsident David McAllister (CDU) beklagt schon seit längerem, Niedersachsen werde in dieser Frage allein gelassen. Nun sagte sein Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP), er hoffe, dass die Worte Bouffiers auch in anderen Bundesländern gehört werden: "Endlich erkennt auch mal ein anderes Bundesland, dass Niedersachsen nicht alle Lasten tragen kann."

Dagegen kritisierte Bayerns Umweltminister Markus Söder den Vorstoß von Bouffier und warf ihm indirekt vor, damit den Grünen zu helfen. "Es tut der Union nicht gut, wenn wir die eigenen Positionen ständig in Frage stellen. Damit leisten wir denen Vorschub, die Unruhe in Deutschland stiften wollen", sagte er der Süddeutschen Zeitung. Der CSU-Politiker bestand darauf, dass für Bayern ein Angebot, wie es Bouffier gemacht habe, nicht in Frage komme. "Bayern scheidet aus geologischen Gründen als Standort für ein Endlager aus. Es geht hier um Geologie, nicht um Ideologie", sagte er. "Wir haben nun mal keinen mit Gorleben vergleichbaren Salzstock. Und unsere Granit- und Tonschichten sind zu zerklüftet oder zu dünn. Niedersachsen ist aus geologischer Sicht einfach der bessere Standort."

Söder wandte sich zudem gegen Überlegungen, deutschen Atommüll ins Ausland zu verfrachten. "Wir müssen das in eigener Verantwortung schultern und uns nicht davor drücken. Das ist auch eine ethische Frage. Außerdem müssen die Sicherheitsstandards überall eingehalten werden."

Einer Umfrage im Auftrag der ARD zufolge würden zwei Drittel der Deutschen nicht gerne in der Nachbarschaft eines Atommüll-Endlagers leben. Allerdings wären 32 Prozent einverstanden,sofern eine optimale Sicherheit gewährleistet ist. Unter Wählern von Union und FDP würde mehr als jeder zweite einEndlager in der Nähe hinnehmen, unter Anhängern von Grünen, SPD und Linken dagegen lediglich etwas mehr als ein Viertel.

© SZ vom 13.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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