Atomdeal mit Iran:Zurück auf null

FILE PHOTO: CIA Director Mike Pompeo testifies during a Senate Intelligence Committee hearing on 'Worldwide Threats' on Capitol Hill in Washington

Der neue US-Außenminister Mike Pompeo ist kein Befürworter des Atom-Abkommens mit Iran.

(Foto: REUTERS)
  • Trump fordert beim Iran-Abkommen Nachbesserungen in drei konkreten Bereichen.
  • Nach der Ernennung des Hardliners Mike Pompeo zum neuen US-Außenminister dürfte es für die Europäer schwieriger werden, den Atom-Deal zu retten.
  • Den Europäern bleiben kaum zwei Monate, eine Lösung zu finden - und sie müssen wohl bei null beginnen.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Die Erleichterung war zu greifen, nachdem US-Präsident Donald Trump im Januar noch einmal die Aussetzung der US-Sanktionen gegen Iran verlängerte. Zumindest habe er den Atomdeal nicht platzen lassen, sagten hochrangige Diplomaten aus europäischen Ländern. 120 Tage gab Trump ihnen Zeit, um dessen "katastrophale Schwachpunkte" zu beheben.

Am Tag nach Trumps Erklärung vom 12. Januar übermittelten die US-Botschaften in London, Paris und Berlin ein Papier, wonach "ohne eine klare Verpflichtung Ihrer Seite, diese Themen anzugehen", die USA aus dem Abkommen aussteigen werden.

Trump fordert ultimativ Nachbesserungen in drei Bereichen: Begrenzungen für das ballistische Raketenprogramm, strengere Inspektionen in Iran, die auch Militäranlagen umfassen müssten; zudem müssten die Laufzeitbeschränkungen gekippt werden, laut denen wichtige Beschränkungen etwa für die Urananreicherung zwischen 2025 und 2030 auslaufen.

In den Hauptstädten nahm man die Drohung als Arbeitsgrundlage, zumal auch dort zunehmend Unbehagen herrscht über iranische Raketentests und das Gebaren der Islamischen Republik in Syrien, Irak und Jemen sowie die wachsende Kriegsgefahr mit Israel. Mehrmals reisten Spitzenbeamte zu Gesprächen nach Washington. Man traf sich am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz mit Trumps Sicherheitsberater, General H. R. McMaster.

Alle Seiten verbreiteten Zweckoptimismus, schien sich doch eine Formel finden zu lassen, mit der sich Trump zufriedengeben könnte und zugleich das Atomabkommen retten ließe - was bei aller Kritik an Iran das erklärte gemeinsame Ziel der EU-Staaten ist. Wenn die Europäer beim Thema Raketen liefern könnten, so ließen US-Unterhändler bis hin zu McMaster durchblicken, könne man den Präsidenten womöglich dazu bringen, den Deal intakt zu lassen. Dafür allerdings forderten die Europäer eine Garantie aus Washington.

Pompeo sagte früher, er würde das Iran-Abkommen gern zerfetzen

Sie erhofften sich eine Antwort an diesem Donnerstag, wenn sich in Berlin erneut hohe Diplomaten aus den vier Ländern treffen. Aus Washington wurde Brian Hook erwartet, Tillersons Planungstabs-Chef. Doch in die Vorbereitungen platzte die Nachricht, dass Trump Außenminister Rex Tillerson durch Mike Pompeo ersetzt, den CIA-Chef. Bei einer Pressekonferenz sagte Trump über seine Differenzen mit Tillerson. "Wenn Sie sich den Iran-Deal anschauen - ich denke, er ist furchtbar. Ich schätze, er fand ihn okay."

Laut der Washington Post gehört Hook zu jenen Top-Leuten, die Pompeo schon in den kommenden Tagen austauschen wird. Pompeo selbst ist im Gegensatz zu Tillerson ein ausgesprochener Gegner des Abkommens. Es werde ihm eine Freude sein, daran mitzuarbeiten, es zu zerfetzen, sagte er einmal, bevor Trump ihn zum CIA-Chef machte. Als Abgeordneter hatte er 2014 sogar einem Militärschlag das Wort geredet: Irans Atomprogramm sei "mit weniger als 2000 Starts" von Kampfjets zu erledigen.

Angesprochen auf seine harschen Äußerungen sagte er im September, er sei "nun an einem anderen Platz". Aber niemand in Washington oder in Europa erwartet, dass er sich im neuen Amt zu einem Verteidiger des Abkommen wandelt.

Wie Nordkorea in die Iran-Überlegungen hineinspielt

Bisher hatte das Triumvirat aus Verteidigungsminister Jim Mattis, Tillerson und McMaster Trump drei Mal überzeugt, den Deal entgegen seiner Instinkte nicht zu annullieren. McMaster hat in München mit einer unvorsichtigen Bemerkung zur Beeinflussung der US-Wahl durch Russland Trumps Gunst verspielt, und Mattis verfolgt etwa in Syrien einen konfrontativen Kurs gegen Iran.

In Washington spielt überdies noch das geplante Gipfeltreffen mit Nordkoreas Diktator Kim Jong-un in die Iran-Überlegungen hinein. Nach Lesart der Hardliner ist dessen Offerte nur auf die "glaubhafte Drohung Trumps zurückzuführen, dass die nächste Rakete, die er auf Amerika richtet, die Abschussrampe nicht verlässt" - Amerika dem also mit einem präventiven Angriff zuvorkommen würde.

Den Atomdeal mit Iran platzen zu lassen, wie immer wieder angedroht, würde nach dieser Logik Trumps Glaubwürdigkeit Kim gegenüber stärken. Und damit letztlich auch seine Position gegenüber Iran.

Die nächste Frist läuft am 12. Mai aus, es bleiben den Europäern kaum zwei Monate, eine Lösung zu finden - und sie müssen wohl bei null beginnen. Noch sei Zeit, ein Paket zu schnüren, das Trump entgegenkomme, sagt James Jeffrey, ein hoher Ex-Diplomat mit engen Verbindungen zu den Republikanern, der Barack Obama als Botschafter im Irak diente.

Trump will "substanzielle Änderungen"

Klar ist, dass Trump neue Sanktionen wegen des Raketenprogramms erwartet - ein Schritt, zu dem die Europäer dem Vernehmen nach bereit sind, weil er den Atomdeal nicht verletzt. Insgesamt bezifferte Jeffrey die Chancen, dass Trump im Abkommen bleibe, auf 50 zu 50. Auch in Washington sei jedem klar, dass sich die EU neuen Sanktionen nicht anschließen werde, man aber die Beziehungen schwer beeinträchtigen würde.

Der israelische TV-Sender Channel 10 berichtete unter Berufung auf ein Gespräch Trumps mit Premier Benjamin Netanjahu, Trump habe ihm gesagt, die Europäer hätten bislang nur "kosmetische Änderungen" vorgeschlagen. Er bestehe auf "substanziellen Änderungen an dem Abkommen selbst" - was weder Iran noch die Europäer akzeptieren.

Trump umzustimmen, wird am Ende wohl Chefsache sein: Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron planen beide, im April nach Washington zu reisen. Wichtiger als das Iran-Dossier dürfte für sie aber noch der drohende Handelskrieg sein. "Dabei müssen wir aufpassen", warnt ein Diplomat, "dass wir nicht unversehens in einen echten Krieg mit Iran schlittern."

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