Süddeutsche Zeitung

Atomabkommen mit Iran:Merkel: Es geht um Krieg und Frieden

  • Um das Atomabkommen zu retten, planen Berlin, Paris und London für die kommende Woche ein Treffen mit Teheran auf Außenministerebene.
  • Die Bundeskanzlerin spricht nach dem Rückzug der USA aus dem Nukleardeal von einer extrem schwierigen Situation.
  • Die Europäer könnten sich in Konflikten nicht mehr darauf verlassen, "dass die Vereinigten Staaten von Amerika uns einfach schützen werden."

Frankreich, Großbritannien und Deutschland versuchen angesichts extremer Spannungen im Nahen Osten Iran von einem Verbleib im Atomabkommen zu überzeugen. Bei den erweiterten Verhandlungen solle es etwa um das Raketenprogramm der Islamischen Republik und Irans Rolle in Syrien und in Jemen gehen, sagte Merkels Sprecher Steffen Seibert am Donnerstag nach einem Telefonat Merkels mit dem iranischen Präsidenten Hassan Rohani.

"Sie bekräftigte, dass Deutschland - wie auch Frankreich und Großbritannien - weiter an dem Nuklearabkommen mit Iran festhält, solange Iran seine Verpflichtungen aus dem Abkommen weiter erfüllt", erklärte Seibert. Merkel verurteilte demnach auch die iranischen Angriffe auf israelische Militärstellungen auf den Golanhöhen und forderte Teheran zur Deeskalation auf.

Anfang nächster Woche ist ein Außenministertreffen der drei EU-Länder mit ihrem iranischen Kollegen Mohammed Dschawad Zarif geplant. Auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini soll teilnehmen. Merkel sagte am Donnerstag bei der Karlspreis-Verleihung in Aachen, man stehe nach der Entscheidung von US-Präsident Donald Trump vor einer extrem komplizierten Situation. "Die Eskalation der vergangenen Stunden zeigt, dass es wahrlich um Krieg und Frieden geht", warnte sie.

In der Nacht hatten nach israelischen Angaben Einheiten der iranischen Revolutionsgarden von Syrien aus 20 Raketen auf Israel abgefeuert. Daraufhin flog die israelische Luftwaffe Angriffe auf Dutzende Ziele im Nachbarland - die schwersten seit der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens 1974. In Russland, vorab von Israel informiert, hieß es, 28 Kampfjets hätten 70 Raketen abgefeuert.

Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman sagte, dabei sei die gesamte militärische Infrastruktur Irans in Syrien getroffen worden. Die syrische Armee teilte ohne Erwähnung Irans mit, sie habe eine "israelische Aggression" abgewehrt. Die meisten Raketen habe die Luftabwehr abgefangen. Drei Soldaten seien getötet worden. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete 23 Tote.

Merkel sagte, die meisten Konflikte fänden "vor der Haustür Europas" statt. "Es ist nicht mehr so, dass die Vereinigten Staaten von Amerika uns einfach schützen werden." Das Schicksal Europas selbst in die Hand zu nehmen, "das ist die Aufgabe der Zukunft", sagte sie in ihrer Laudatio auf den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der den Karlspreis erhielt.

Macron sagte, die Europäer hätten sich gemeinsam mit anderen für eine Politik der Stabilität im Nahen Osten entschieden. Nun verabschiedeten sich Staaten aus den gemeinsamen Vereinbarungen. Die EU dürfe diesem Weg einer "Politik des Schlechten und Schlimmeren" nicht folgen, sagte er, ohne die USA zu nennen. Die EU dürfe auch nicht akzeptieren, dass sich andere Mächte in die eigene Energiepolitik einmischten.

Er bezog sich auf Trumps Beschluss, die mit dem Atomabkommen aufgehobenen Sanktionen gegen Iran wieder in Kraft zu setzen. In einem ersten Schritt belegten die USA am Donnerstag drei Firmen und sechs Personen mit Sanktionen, weil sie die Al-Quds-Brigaden mit Geld versorgt hätten.

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SZ vom 11.05.2018 / SZ/ihe
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