Süddeutsche Zeitung

EU zum Atomabkommen mit Iran:"Wir sind ein wenig wie Getriebene"

  • EU-Politiker reagieren ratlos auf Donald Trumps Entscheidung, das Atomabkommen mit Iran zu kündigen.
  • Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, ein Blockadegesetz aus den Neunzigerjahren zu reaktivieren, das es EU-Firmen untersagen würde, sich US-Sanktionen gegen Iran zu unterwerfen.
  • Dazu habe die Bundesregierung "noch keine endgültige Meinung gebildet", erklärt Wirtschaftsminister Peter Altmaier.

Von Alexander Mühlauer, Daniel Brössler, Brüssel, und Paul-Anton Krüger, Kairo

Die Europäische Union wirkt im Streit mit den USA über das Atomabkommen mit Iran zunehmend ratlos. "Wir sind ein wenig wie Getriebene", sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn beim Treffen mit seinen für Handelspolitik zuständigen EU-Kollegen am Dienstag in Brüssel. Die EU streite für die eigene Sicherheit und wolle nicht, dass Iran eine Atombombe baue. Doch angesichts der Ankündigungen aus den USA gab Asselborn zu, dass er "etwas verzweifelt" sei.

US-Außenminister Mike Pompeo hatte in einer Grundsatzrede erklärt, dass die USA nach dem Ausstieg aus dem Atomabkommen "beispiellosen finanziellen Druck" auf das iranische Regime ausüben wollten.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nannte das "einseitige Vorgehen" der USA "problematisch". Über die Frage, wie die EU darauf reagieren solle, wollte er nicht spekulieren. Hinsichtlich des Vorschlags der EU-Kommission, ein Blockadegesetz aus den Neunzigerjahren zu reaktivieren, das es EU-Firmen untersagen würde, sich US-Sanktionen gegen Iran zu unterwerfen, sagte Altmaier, dass sich die Bundesregierung "noch keine endgültige Meinung gebildet hat". Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) will Pompeo an diesem Mittwoch in Washington treffen.

"Trump will keine Partnerschaft, nur Befehlsempfänger"

Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif sagte, Pompeos Rede zeige, dass die USA Gefangener ihrer gescheiterten Politik seien. Iran arbeite dessen ungeachtet daran, mit seinen Partnern eine Lösung zu finden und das Atomabkommen zu erhalten.

Präsident Hassan Rohani sagte mit Bezug auf Pompeos zwischenzeitliche Rolle als CIA-Chef, die Welt "akzeptiert nicht länger die Logik, nach der ein Herr, der Geheimdienstchef war, die Entscheidungen für andere trifft". Andere Länder seien unabhängig und würden sich nicht den USA beugen. Rohani hat der EU zwei Monate Zeit gegeben, um Garantien zu erbringen, dass Iran trotz des Ausstiegs der USA in den vollen Genuss der Vorteile des Atomabkommen kommt. Iran geht es dabei vor allem um seine Ölexporte.

Allerdings werden in Teheran die Töne aus dem Lager der Hardliner zunehmend schärfer und wecken Zweifel daran, dass Rohani den innenpolitischen Machtkampf gewinnen kann. Ein hochrangiger Kommandeur der mächtigen Revolutionsgarden, Ismail Kowsari, sagte, das iranische Volk werde Pompeo "mit der Faust eine aufs Maul" hauen. "Wer sind die USA, dass sie uns Vorschriften über die Reichweiten unserer Raketen machen?", fügte er laut der iranischen Nachrichtenagentur Ilna hinzu.

Im Entwurf für eine Entschließung des EU-Parlaments werden die Europäer zu einer stärkeren Einigkeit gegenüber der Politik von US-Präsident Donald Trump aufgerufen. Es müsse geklärt werden, "ob die über Jahrzehnte abgesteckte transatlantische Partnerschaft heute noch dieselbe Relevanz hat". So schnell wie möglich solle ein EU-USA-Gipfel einberufen werden. "Trump will keine Partnerschaft, nur Befehlsempfänger", kritisierte der zuständige Berichterstatter Elmar Brok (CDU).

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SZ vom 23.05.2018/jsa
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