Im Streit mit Ungarn um die Migrations- und Flüchtlingspolitik zieht die EU-Kommission vor den Europäischen Gerichtshof. Wegen der Asyl- und Abschiebeverfahren verklagt die Kommission die rechtsnationale Regierung in Budapest. Ungarn weigere sich, seine Gesetze in Einklang mit den Regeln der Europäischen Union zu bringen, teilte die Behörde am Donnerstag in Brüssel mit. Es gehe unter anderem darum, dass die ungarischen Asylverfahren nur in Transitzonen an den Außengrenzen des Landes durchgeführt werden. Das Verfahren verstoße gegen EU-Recht.
An den Außengrenzen eines Landes sind Transitzonen erlaubt. Nach Angaben der Kommission sei es aber illegal, dass nur in diesen Zonen Asyl beantrag werden darf, obwohl nur eine begrenzte Anzahl von Menschen Zugang habe. Ungarn verstoße außerdem gegen EU-Recht, wonach Menschen nicht länger als vier Wochen in Transitzentren festgehalten werden dürfen. Auf seinem Territorium stelle Ungarn keine ausreichende Möglichkeit für Asylverfahren bereit. Illegale Migranten würden auch dann zurück über die Grenze gebracht, wenn sie Asyl beantragen wollen.
Die letzte Stufe im Vertragsverletzungsverfahren
Bereits im Dezember 2015 hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet. Die Kommission ist der Auffassung, dass die meisten Bedenken seitdem noch immer nicht ausgeräumt worden. Der Gang vor den Europäischen Gerichtshof sei deshalb die letzte Stufe im Vertragsverletzungsverfahren.
Außerdem leitete die Kommission wegen eines umstrittenen Gesetzes gegen Flüchtlingshelfer ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren gegen Budapest ein. Das Gesetz beschneide das Recht von Asylbewerbern, "mit einschlägigen nationalen, internationalen und nichtstaatlichen Organisationen zu kommunizieren und von diesen Unterstützung zu erhalten". Ungarn hat nun zwei Monate Zeit, um eine Stellungnahme dazu abzugeben.
Das ungarische Parlament hatte im Juni mit den Stimmen der rechtsnationalen Regierungsmehrheit und der rechtsradikalen Jobbik-Partei ein Gesetz verabschiedet, das strafrechtliche Konsequenzen für "Beihilfe zur illegalen Migration" vorsieht. Das Gesetzespaket wird auch als "Stop-Soros-Paket" bezeichnet - in Anspielung auf den liberalen US-Milliardär George Soros, der weltweit Nichtregierungsorganisationen unterstützt und ungarische Wurzeln hat.