Asylrecht:Bundestag beschließt umstrittene Bleiberechtsreform

  • Der Bundestag hat eine umstrittene Reform zum Bleiberecht beschlossen.
  • Demnach können straffällige Asylbewerber schneller als bisher abgeschoben werden.
  • Gut integrierte Ausländer, die seit längerer Zeit geduldet werden, können auf der anderen Seite leichter an eine Aufenthaltsgenehmigung gelangen.
  • Flüchtlingsverbände kritisieren, durch die Reform könnte theoretisch eine große Anzahl von Flüchtlingen in Haft genommen werden.

Bundestag beschließt Bleiberechtsreform

Entgegen der Kritik von Flüchtlingsverbänden und Opposition hat die Koalition im Bundestag die umstrittene Reform des Bleiberechts beschlossen. Straffällige Ausländer sowie Flüchtlinge, die für ihren Aufenthalt falsche oder unvollständige Angaben gemacht haben, sollen künftig schneller als bisher abgeschoben werden. Auf der anderen Seite erhalten gut integrierte Ausländer leichter als bisher eine Aufenthaltsgenehmigung.

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hat die Ausweitung des Bleiberechts begrüßt, erweiterte Möglichkeiten zur Inhaftierung von Flüchtlingen aber kritisiert. "Flucht ist kein Verbrechen", erklärte die Organisation. Mit den vom Bundestag beschlossenen Gesetzesänderungen könnte theoretisch eine große Zahl von Flüchtlingen in Haft genommen werden, kritisierte der stellvertretende Geschäftsführer von Pro Asyl, Bernd Mesovic.

Die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Bleiberecht: Gut integrierte Ausländer, die sich bislang von einer Duldung zur nächsten gehangelt haben, sollen einen gesicherten Aufenthaltsstatus bekommen - und zwar anders als bislang unabhängig von einem gesetzlichen Stichtag. Von dieser Regelung profitieren Ausländer, die seit mindestens acht Jahren in Deutschland leben, ausreichende Deutschkenntnisse haben und ihren Lebensunterhalt überwiegend selbst bestreiten. Für Menschen mit einem minderjährigen Kind soll das schon nach sechs Jahren möglich sein. Bei Jugendlichen reichen vier Jahre Schulbesuch in Deutschland.
  • Berufsausbildung: Junge Ausländer, die in Deutschland nur geduldet werden, können künftig eine Duldung für die gesamte Dauer ihrer Ausbildung erhalten. Nach Ende der Ausbildung sollen sie außerdem noch genügend Zeit bekommen für die Suche nach einem Arbeitsplatz. Der Vorschlag, ihnen nicht nur eine Duldung, sondern eine Aufenthaltsgenehmigung zu gewähren, war abgelehnt worden.
  • Ausweisung: Bislang gilt ein dreistufiges System bei Ausweisungen: Es gibt Fälle, die "zwingend" oder "im Regelfall" zur Ausweisung führen oder auch "Ermessensausweisungen". Dieses System fällt künftig weg. Die zuständigen Stellen sollen dann zwischen dem "Ausweisungsinteresse" des Staates (etwa bei kriminellem Verhalten eines Ausländers) und dem "Bleibeinteresse" des Betroffenen (Berücksichtigung etwa von Familienverhältnissen oder Deutschlandbezug) abwägen. Außerdem werden die Möglichkeiten ausgeweitet, Aufenthaltsverbote und Wiedereinreisesperren zu verhängen.
  • Abschiebehaft: Im Gesetz werden zahlreiche Kriterien aufgelistet, die dazu führen können, dass jemand in Abschiebehaft landet. Wer etwa seine Identität verschleiert oder "erhebliche Geldbeträge" an einen Schleuser gezahlt hat, um nach Deutschland zu gelangen, gilt als verdächtig, dass er sich einer Abschiebung entziehen will - und kann inhaftiert werden.
  • Ausreisegewahrsam: Wenn eine Abschiebung anberaumt ist, der Betroffene aber im Verdacht steht, dass er sich dem entziehen will, soll er für maximal vier Tage in Gewahrsam genommen werden können - möglichst direkt im Transitbereich eines Flughafens.
  • Wiedereinreiseverbot: Gegen einen Ausländer, der schon einmal ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wurde, kann ein befristetes Einreiseverbot verhängt werden. Diese Maßnahme richtet sich gegen den sogenannten Drehtüreffekt. Das heißt, man will vermeiden, dass Asylbewerber mit sehr geringen Anerkennungschancen mehrfach wiederkommen und einen neuen Antrag stellen.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: