Asylpolitik:Kritik an "Ankerzentren"

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Eva Högl, 49, ist stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. Sie erwartet von Horst Seehofer (CSU) eine konkrete Planung für die neuen "Ankerzentren". (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Während die SPD ein konkretes Konzept vermisst, warnen Migrationsforscher vor möglichen negativen Folgen für Zuwanderer.

Auch nach der Inbetriebnahme der ersten sogenannten Ankerzentren hält die SPD deren Ausgestaltung noch für ungeklärt und fordert von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) eine konkrete Planung. "Was wir bisher nicht kennen, ist ein Konzept von Horst Seehofer", sagte die Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Eva Högl, am Dienstag im ARD-"Morgenmagazin". Grundsätzlich sei es richtig, dass alle im Asylverfahren relevanten Behörden an einem Ort zusammenarbeiten sollten. "Das funktioniert mittlerweile auch sehr gut, was jetzt noch dazukommen soll, ist die Rückführung" abgelehnter Asylbewerber, sagte sie. In den Ländern bestünden aber bereits gute Erstaufnahmeeinrichtungen. Seehofer habe noch nicht gesagt, was da besser laufen solle.

Sie verteidigte, dass die SPD der Unionsidee im Koalitionsvertrag zugestimmt hat und wies darauf hin, dass es zwar eine Residenzpflicht für die Flüchtlinge gebe, diese in den Einrichtungen aber nicht festgehalten würden. "Und das würde die SPD auch nicht mitmachen", sagte sie. In Bayern waren sieben bestehende Einrichtungen in "Ankerzentren" umgewandelt und vor einigen Tagen in Betrieb genommen worden. Seehofer beklagt, dass sich andere Bundesländer, besonders unter SPD-Führung, damit zurückhalten.

Unmittelbar nach Einführung der "Ankerzentren" haben Migrationsforscher vor möglichen negativen Folgen gewarnt: Sie könnten die Integration erschweren und dürften die Asylverfahren kaum beschleunigen. Zudem würden sie zu hohen Belastungen bei den Betroffenen führen, heißt es in der vom Mediendienst Integration am Dienstag vorgestellten Untersuchung. Da Flüchtlinge in den "Ankerzentren" kaum Zugang zu Integrations- und Sprachangeboten hätten und nicht arbeiten dürften, müsse die Integration dann "nachgeholt" werden, sagten sie. Zudem fänden Asylbewerber dort wenig Rückzugsräume und müssten mitunter lange auf die Entscheidung über den Asylantrag warten. Auch würden "Ankerzentren" als Fremdkörper in den betroffenen Kommunen wahrgenommen und könnten einen Nährboden für Vorurteile liefern. Aus migrationswissenschaftlicher Perspektive sei den Zentren mit großer Skepsis zu begegnen, lautet das Fazit der Forscher.

© SZ vom 08.08.2018 / afp, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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