Süddeutsche Zeitung

Asylpolitik:CSU fordert, Flüchtlinge an der Grenze abzuweisen

  • Die CSU will, dass Flüchtlinge, die bereits in einem anderen europäischen Land registriert sind, direkt an der Grenze zurückgewiesen werden.
  • CSU-Landesgruppenchef Dobrindt geht davon aus, dass dies auf "einen erheblichen Teil derer, die Asyl beantragen" zutrifft.
  • Bislang werden an der Grenze nur Menschen abgewiesen, die weder Asyl beantragen noch über die notwendigen Papiere für eine Einreise verfügen.

Von Robert Roßmann, Berlin

Die CSU will durchsetzen, dass an der deutschen Grenze ein Teil der Flüchtlinge zurückgewiesen wird. Der Vorsitzende der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt, sagte am Dienstag, wer bereits in einem anderen europäischen Land registriert worden und deshalb in der Fingerabdruckdatei Eurodac vermerkt sei, solle direkt an der Grenze zurückgewiesen werden. Dies sei eigentlich geltende Rechtslage in Europa, sagte Dobrindt. Allerdings fänden auf dieser Basis so gut wie keine Zurückweisungen statt. Er wolle, "dass die Rechtslage an den Grenzen umgesetzt und durchgesetzt wird".

Bislang werden an der Grenze nur Personen abgewiesen, die weder Asyl beantragen noch über die notwendigen Papiere für eine Einreise verfügen. Im vergangenen Jahr wurde auf dieser Grundlage nach Angaben des Bundesinnenministeriums 12 300 Menschen die Einreise verwehrt. Bei wie vielen Personen beim Grenzübertritt ein Eintrag in der Eurodac-Datei festgestellt wurde, konnte Dobrindt nicht sagen. Es handele sich aber um einen "erheblichen Teil derer, die Asyl beantragen".

Aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion vom Februar geht hervor, dass im vergangenen Jahr 64 267 Asylbewerber nach Deutschland kamen, die bereits in einem anderen EU-Land registriert waren.

Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer will in der kommenden Woche seinen Masterplan Migration vorstellen. Dobrindt sagte, es werde darin auch um Zurückweisungen gehen, präzisierte das aber nicht. Auf die Frage, ob Seehofer eine derart deutliche Änderung der Praxis an der Grenze bereits mit der Kanzlerin abgesprochen habe, sagte Dobrindt, das glaube er nicht. Seehofer sagte bei einem Besuch in der CSU-Landesgruppe am Montagabend Teilnehmerangaben zufolge, eine Kontrolle, ob ein Eurodac-Eintrag vorliege, sei in der Praxis gar kein Problem. Die elektronische Überprüfung dauere lediglich eine Minute.

Dobrindt will Abschiebestopp nach Afghanistan aufheben

Dobrindt forderte am Dienstag neben den Zurückweisungen an der Grenze erneut die Einrichtung sogenannter Ankerzentren. In ihnen müssten die Behörden so gebündelt werden, dass ein Asylverfahren schnell durchgeführt werden könne. Außerdem plädierte er dafür, den Abschiebestopp nach Afghanistan aufzuheben, da sich die Sicherheitslage dort verbessert habe. Dobrindt bezog sich dabei auf einen neuen Lagebericht des Auswärtigen Amtes, der belege, dass sich die Situation in dem Land verbessert habe.

Aus dem Lagebericht geht allerdings hervor, dass sich die Sicherheitslage im vergangenen Jahr nur punktuell verbessert und Afghanistan weiter mit Krieg, Armut und Korruption zu kämpfen habe. Derzeit dürfen lediglich Straftäter, terroristische Gefährder sowie abgelehnte Asylbewerber, die sich hartnäckig einer Identitätsfeststellung verweigern, abgeschoben werden.

An diesem Mittwoch muss sich die Bundeskanzlerin zum ersten Mal im Parlament den Fragen von Abgeordneten stellen. Dabei dürfte es auch um die Asylpolitik, die Missstände beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie um die Forderungen der CSU gehen.

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SZ vom 06.06.2018/gal
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