Pläne der Ampelkoalition:Strengere Linie in der Flüchtlingspolitik

Pläne der Ampelkoalition: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) steht vor dem Flüchtlingsgipfel unter Handlungsdruck.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) steht vor dem Flüchtlingsgipfel unter Handlungsdruck.

(Foto: Paul Zinken/dpa)

Die Ampelkoalition will Asylverfahren an die EU-Außengrenzen verlegen, kündigt Innenministerin Faeser an. Sie sieht ein "historisches Momentum" für eine Reform.

Von Roland Preuß, Berlin

Die Ampelkoalition setzt angesichts der Überlastung vieler Kommunen auf eine strengere Linie in der Asylpolitik. Die Bundesregierung strebe an, Asylverfahren künftig bereits an der EU-Außengrenzen durchführen zu lassen, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Sonntagabend in der ARD. Entsprechende Pläne werden derzeit auf EU-Ebene verhandelt. Sie sehe ein "historisches Momentum" für eine Verständigung, sagte Faeser. Andere Länder müssten von den Grenzstaaten dann Geflüchtete aufnehmen, wenn diese "die Schutzquote erfüllen", wenn sie also eine realistische Aussicht darauf haben, als schutzbedürftig anerkannt zu werden.

Die Innenministerin steht vor dem für den 10. Mai geplanten Flüchtlingsgipfel der Bundesregierung mit den Ministerpräsidenten unter Handlungsdruck. Länder und Kommunen kritisieren seit Monaten eine Überlastung durch Geflüchtete und fordern zusätzliche Milliardenhilfen vom Bund. Die von Faeser genannten Pläne gehen über das im Koalitionsvertrag Vereinbarte hinaus. Dort ist zwar festgelegt, man wolle allgemein "irreguläre Migration wirksam reduzieren", von Asylverfahren am Rande der EU steht dort jedoch nichts.

Die Grünen zeigten sich zwar offen für Faesers Vorhaben, formulierten jedoch Bedingungen. Der Zugang zu individuellen und rechtsstaatlichen Asylverfahren und menschenwürdiger Unterbringung sei auch für die Zukunft sicherzustellen, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Britta Haßelmann. Asylverfahren an der EU-Grenze waren von den Grünen in der Vergangenheit kritisiert worden.

"Wir setzen uns für einen dauerhaften verlässlichen Solidaritätsmechanismus und für faire Asylverfahren ein", sagte Haßelmann. Die Reform des EU-Asylrechts solle ein gemeinsames System schaffen, in dem Verantwortung und Zuständigkeiten fair verteilt würden. Die Grünen wollten eine EU, die "in der Asylpolitik Handlungsfähigkeit und Humanität beweist". Die Bundesregierung stehe in Brüssel vor extrem schwierigen Verhandlungen, sagte Hasselmann. "Bislang ist nichts entschieden."

Die FDP unterstützt Faeser. "Nach unseren Vorstellungen könnte die europäische Asylagentur EUAA eine Vorprüfung vornehmen", sagte Stephan Thomae, der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, am Montag der SZ. So könnte festgestellt werden, ob überhaupt Anhaltspunkte für Schutzansprüche der Menschen vorlägen und eine Weiterverteilung innerhalb der EU infrage komme. "Für alle anderen Fälle sind die Genfer Flüchtlingskonvention und das Asylrecht nicht gedacht."

Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, nach den Vorstellungen der Bundesregierung solle der Schutzstatus bestimmter Personengruppen an der EU-Außengrenze überprüft werden. Es müsse allerdings Ausnahmen geben, insbesondere bei Kindern oder Jugendlichen.

Im vergangenen Jahr haben in Deutschland fast 218 000 Menschen neu Asyl beantragt, deutlich mehr als in anderen EU-Ländern. Zudem hat Deutschland seit Beginn des russischen Angriffskrieges vor einem Jahr mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine aufgenommen.

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