Asylpaket II:Familienkrach in der Koalition

In der Auseinandersetzung der Koalition um das Asylpaket II blieb auch an Tag vier eine Annäherung schwierig: Union und SPD tun sich schwer, einen Kompromiss zum Elternnachzug für junge Flüchtlinge zu finden.

Von Constanze von Bullion, Berlin

In der Auseinandersetzung der Koalition um das Asylpaket II blieb auch an Tag vier eine Annäherung schwierig. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) konnten sich bis Dienstagnachmittag nicht auf einen Kompromiss darüber einigen, ob für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge der Elternnachzug ausgesetzt wird. Dies war im Asypaket II ursprünglich nicht vorgesehen. Durch einen Fehler des Bundesfamilienministeriums wurde am Mittwoch jedoch ein Gesetz verabschiedet, wonach der Familiennachzug aller Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz - also auch minderjähriger alleinreisender Flüchtlinge - für zwei Jahre ausgesetzt werden kann. Nachdem SPD-Chef Sigmar Gabriel erklärt hatte, er habe von der Änderung nichts gewusst, bat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dem Vernehmen nach den Innen- und den Justizminister, einen Kompromiss zu suchen. Am Dienstagnachmittag wollten sie erneut verhandeln.

Im Innenministerium will man das Gesetz offenbar nicht mehr ändern

Auf SPD-Seite, wo man am Wochenende auf eine schnelle Einigung gehofft hatte, machte sich am Dienstag Ernüchterung breit. "Die wollen nicht", war dort zu hören - gemeint das Bundesinnenministerium. Dort macht man bisher keine Anstalten. am bereits verabschiedeten Gesetzestext noch Änderungen vorzunehmen. Denkbar wäre offenbar lediglich, dass man sich auf eine Auslegung der strittigen Passage zum Familiennachzug verständigt, mit der beide Seiten leben können.

Im Gespräch war am Dienstag unter anderem, dass bei Anträgen auf Elternnachzug von minderjährigen Flüchtlingen mit subsidiärem Schutz künftig in jedem Einzelfall geprüft werden könnte, ob ein Härtefall vorliegt. Dies ist nach Paragraf 22 des Aufenthaltsgesetzes möglich. Denkbar wäre, dass sich die Bundesregierung auf bestimmte Kriterien verständigt, wann ein solcher Härtefall vorliegt, also etwa aus medizinischen Gründen, angesichts einer besonderen Familiensituation oder weil ein Flüchtling besonders jung ist. Ins Gespräch gebracht wurde auch die Idee, Flüchtlinge bis zum Alter von zwölf oder 13 Jahren von der Aussetzung des Familiennachzugs zu befreien. Von Unionsseite gab es hierzu aber keine Zustimmung. Als Haupthindernis gilt hier die CSU.

SPD-Chef Gabriel hatte den Kompromissvorschlag ins Spiel gebracht, wonach bei minderjährigen Flüchtlingen künftig im Einzelfall entschieden werden könnte, ob sie Eltern nach Deutschland nachholen dürfen. Gabriel forderte die Union auf, am Ende "nach menschlichem Ermessen, nach Nächstenliebe und Verantwortungsbewusstsein" zu entscheiden. Von der Opposition erntet er dafür Spott. Grünen-Parteichefin Simone Peter sagte, mit Einschränkung des Familiennachzugs verstärke die Bundesregierung das Leid der Flüchtlinge: "Es grenzt an ein Wunder, dass Sigmar Gabriel nach all den Asylrechtsverschärfungen der vergangenen Monate das Wort Nächstenliebe noch ausbuchstabieren kann." Auch Vertreter von Flüchtlingsorganisationen kritisierten die Pläne der Regierung.

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