Süddeutsche Zeitung

Asylbewerber:Schulungen für Afghanen

Nahles will Asylbewerbern mit guter Bleibeperspektive schneller helfen - mit Deutschkursen und Hilfen bei der Jobsuche.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Asylsuchende aus Afghanistan, die noch auf ihren Asylbescheid warten, können von sofort an berufsbezogene Sprachkurse belegen, sich bei der Jobsuche fördern lassen oder Hilfen für eine künftige Ausbildung bekommen. Das hat Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) nach Informationen der Süddeutschen Zeitung entschieden. Vorausgegangen war ein Streit mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) über die Frage, von wann an für die afghanischen Asylbewerber Integrationskurse und Hilfen von der Bundesagentur für Arbeit (BA) offenstehen sollen. Eigentlich war sich die Bundesregierung einig: Von Maßnahmen zur Integration sollen auch Asylsuchende profitieren, bei denen "ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist". Diese sogenannte gute Bleibeperspektive wird aber erst zugebilligt, wenn bereits mehr als 50 Prozent der Asylentscheide für Geflüchtete aus dem Herkunftsland positiv ausgefallen sind. Für Afghanistan traf dies im maßgebenden zweiten Halbjahr 2016 zu; die Schutzquote lag bei 57 Prozent. Dennoch wollte das Innenministerium afghanischen Asylbewerbern keine gute Bleibeperspektive attestieren. Der Grund: Die Quote sei nur so positiv, weil darin viele Altverfahren mit einer besonders hohen Schutzquote enthalten seien. Diese bildeten nicht den Querschnitt der Antragsteller ab.

Im Arbeitsministerium wird darauf verwiesen, dass es nicht nur für Asylsuchende, sondern auch für die Bürger problematisch sei, wenn Menschen hier leben, "ohne sich richtig verständigen zu können und soziale Teilhabe zu genießen". Ohne Angebote zum Spracherwerb, zur Integration, zur täglichen Arbeit und einer Perspektive, für sich selbst sorgen zu können, bestehe die Gefahr, dass sich "Parallelstrukturen bilden und die Betroffenen im schlimmsten Fall in die Kriminalität abgleiten". Im Übrigen sei davon auszugehen, dass die Afghanen wegen des Abschiebestopps ohnehin länger in Deutschland bleiben.

Es geht dabei um derzeit 30 000 Asylsuchende aus Afghanistan. In einem Schreiben an de Maizière hat Nahles nun angekündigt, "nicht länger wertvolle Zeit ungenutzt" verstreichen lassen zu wollen. Die Ministerin hat deshalb veranlasst, dass zumindest in ihrem Zuständigkeitsbereich afghanische Asylbewerber im zweiten Halbjahr 2017 von Integrationsmaßnahmen profitieren können.

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Quelle:
SZ vom 05.07.2017
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