Asylbewerber:Bund und Länder einig über schnellere Abschiebungen

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Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesinnenminister Thomas de Maizière in Berlin. (Foto: dpa)

Die Union will konsequenter abschieben, auch nach Afghanistan. Der Bund soll die Länder dabei unterstützen.

Bund und Länder ringen darum, wie abgelehnte Asylbewerber schneller und konsequenter in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden können. Vor einem Gipfel am Donnerstagnachmittag im Kanzleramt mahnte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) "eine gemeinsame Kraftanstrengung" an. Jeder solle prüfen, welche Verantwortung er tragen könne. "Ich bin bereit, davon mehr zu übernehmen", sagte der Minister in der ARD. Es steige die Zahl derer, die bleiben dürften. "Aber auch die Zahl der Ablehnungen steigt, deswegen müssen wir mehr für Rückführungen und Abschiebungen machen."

Bei ihrem Spitzentreffen beraten Bund und Länder über einen 16-Punkte-Plan für schnellere Abschiebungen. Dieser sieht unter anderem Bundesausreisezentren für Asylantragsteller vor, die voraussichtlich keinen Anspruch auf Schutz haben. Die Anreize für eine freiwillige Rückkehr sollen gestärkt werden. Betroffene sollen umso mehr Geld bekommen, je früher sie sich für die Heimreise entscheiden. De Maizière sprach sich erneut für Abschiebungen auch nach Afghanistan aus, was mehrere von SPD und Grünen regierte Länder ablehnen. De Maizière sagte, die Rückführungen liefen verantwortungsvoll, behutsam und in sichere Gegenden: "Generell darauf zu verzichten, das geht nicht."

Grünen-Chef Cem Özdemir lehnt dies dagegen ab: "Nach Afghanistan kann man nicht abschieben", sagte er im RBB-Inforadio. Er warf der Bundesregierung vor, mit ihrer Abschiebepraxis von ungelösten Problemen abzulenken. "Die Leute, die sie abschieben sollten, nämlich Menschen aus den Maghreb-Staaten, die bei uns ihr Aufenthaltsrecht verwirkt haben", könnten sie nicht abschieben, weil sie keine Rücknahmeabkommen mit diesen nordafrikanischen Ländern verhandelt bekämen. "Das Problem kriegen sie nicht gelöst, dann schieben sie ersatzweise nach Afghanistan ab." Seine Äußerung zeigt, wie uneinig das grüne Lager bei diesem Thema offenbar ist: Beim jüngsten Abschiebeflug nach Afghanistan waren auch acht Flüchtlinge aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hamburg, wo jeweils die Grünen mitregieren, an Bord.

Auch die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte die Pläne. "Das ist deswegen problematisch, weil beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Eilverfahren unter Missachtung von Standards durchgeführt werden", sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt. Pro Asyl kritisiert, dass es bei der Ablehnung von Asylanträgen viele Fehlentscheidungen gebe.

Städtetagspräsidentin Eva Lohse betonte, wie wichtig ein funktionierendes Rückkehrmanagement sei. "Die effektive Rückführung abgelehnter Asylbewerber ist notwendig, um die Akzeptanz der Bevölkerung für die Aufnahme derjenigen zu erhalten, die tatsächlich unseren Schutz vor Krieg und Verfolgung brauchen", sagte sie in der Passauer Neuen Presse. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt forderte Sanktionen für Länder, die nicht konsequent abschieben. "Die Abschiebepraxis von rot-grün-geführten Bundesländern lässt häufig noch zu wünschen übrig", sagte Hasselfeldt der Rheinischen Post. Im Jahr 2016 zählte die Bundesregierung 25 375 Abschiebungen, 20 888 waren es im Jahr davor.

Der Städte- und Gemeindebund warnte vor Mehrausgaben von drei Milliarden Euro im laufenden Jahr, wenn Hunderttausende ausreisepflichtige, abgelehnte Asylbewerber nicht in ihre Heimat zurückgeführt werden. "Wenn sich am Verfahren nichts ändert, werden Ende 2017 etwa 450 000 ausreisepflichtige Menschen in Deutschland leben", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Rheinischen Post. Nordrhein-Westfalen dringt auf verstärkte Anstrengungen der Bundesregierung zum Abschluss von Rückkehrabkommen. Abgelehnte Asylbewerber müssten auch tatsächlich abgeschoben werden können, sagte NRW-Staatskanzleichef Franz-Josef Lersch-Mense (SPD). Die Zahlen der Rückführungen in die Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko seien trotz niedriger Anerkennungsquoten gering.

© SZ vom 10.02.2017 / dpa, AFP, epd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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