Gewöhnlich ist Ecuadors Präsident nicht nett zu kritischen Berichterstattern. Wer unfreundlich über Rafael Correa schreibt, dem droht der linksgerichtete Staatschef gerne mit Bußgeld. Auch wurden freche Privatsender schon mal abgeschaltet, derweil die staatliche Medienstreitmacht wächst. Der Umbau der Presselandschaft gehört zu Correas Revolution am Äquator.
Warum hat er jetzt so viel Mitleid mit einem Australier namens Julian Assange, dem weltweiten Schrecken der Regierungen? Weil Correa in dem Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks erstens einen Bruder im Geiste sieht.
Assange hat mit der Veröffentlichung geheimer Depeschen vor allem die USA bloßgestellt, das gefällt Correa. Er gehört mit Venezuelas Hugo Chávez, Boliviens Evo Morales und den Castros auf Kuba zu den entschiedensten Gegnern Washingtons.
Zweitens wittert der temperamentvolle Ecuadorianer eine Chance, ein bisschen Weltpolitik zu machen und das neue Selbstbewusstsein Südamerikas zu beweisen.
Das Asylangebot ist sein gutes Recht. Praktisch wird es komplizierter. Schweden fordert Assanges Auslieferung nicht wegen seiner Recherchen, sondern wegen mutmaßlicher sexueller Übergriffe. So gesehen wäre er formal kein politisch Verfolgter.
In jedem Fall darf Correa seine Vertretung in England vor Übergriffen schützen. Er sollte jedoch genauso viel Respekt vor Kritikern zu Hause haben.