Bund und Länder haben sich im Grundsatz darauf verständigt, bei der Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern enger zusammenzuarbeiten. Ziel ist es, die Verfahren zu beschleunigen und die Zahl der Abschiebungen zu erhöhen. Allerdings haben einzelne Länder wie Thüringen und Baden-Württemberg Kritik geübt und Bedingungen angemeldet. Eine Mehrheit im Bundesrat für schärfere Gesetze ist deshalb nicht sicher. Zumal alle Länder ihre endgültige Zustimmung vom konkreten Gesetzestext abhängig gemacht haben.
Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte am Donnerstagabend nach einem gemeinsamen Treffen zwischen Bund und Ländern aber die grundsätzliche Einigung und sagte, die Akzeptanz für die Aufnahme schutzbedürftiger Flüchtlinge bleibe nur dann erhalten, wenn gleichzeitig jene, die kein Asyl erhielten, Deutschland auch wieder verlassen müssten. Dabei würden Bund und Länder vor allem auf die freiwillige Rückkehr der Menschen in ihre Heimatländer setzen. Die Bereitschaft dazu werde aber nur dann erhalten, wenn zugleich jene, die sich weigerten, auch entschlossen abgeschoben würden, meinte Merkel.
Ähnlich argumentierten nach dem Treffen die Ministerpräsidenten von Hessen und Mecklenburg-Vorpommern, Volker Bouffier (CDU) und Erwin Sellering (SPD). Bouffier betonte, es sei dringend geboten, an der Stelle klar und eindeutig zu sein. "Hier muss Recht durchgesetzt und Missbrauch verhindert werden", so der CDU-Politiker. Sellering sagte, es sei zentral, dass "jene, die nicht hier bleiben können, auch wieder gehen müssen". Diese Menschen "müssen wissen, dass wir es ernst meinen", sagte der Ministerpräsident.
Ausreisepflichtige können künftig leichter in Abschiebehaft genommen werden
Nach der Einigung vom Abend soll es unter anderem eine Erweiterung der Abschiebehaft geben, wenn von den Ausreisepflichtigen "eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter ausgeht". Das ist offenbar angelehnt an den Fall des Berliner Attentäters Anis Amri - ohne dass der Bund präzise erklärt hätte, wie diese Verschärfung im Fall Amri geholfen hätte. In eine ähnliche Richtung geht der Beschluss, Ausreisepflichtige leichter überwachen zu dürfen, wenn "ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse" vorliegt.
Darüber hinaus verständigten sich Bund und Länder darauf, die Höchstdauer des sogenannten Ausreisegewahrsams auf zehn Tage zu verlängern und die Möglichkeit einzuführen, den Aufenthalt von Geduldeten räumlich zu begrenzen, wenn diese ihre Rückführung durch "vorsätzlich falsche Angaben" oder die Vortäuschung einer falschen Identität zu verhindern versuchen. Einig waren sie sich zudem, ein Zentrum zur Unterstützung der Rückführung" (ZUR) einzurichten. Dieses soll die Abstimmung und die Kooperation verbessern. Bundesausreisezentren dagegen finden bislang keine breite Unterstützung. Die Idee sei "noch nicht beschlussfähig", sagte Hessens Ministerpräsident Bouffier.
Trotz der grundsätzlichen Einigung übten einige Länder Kritik an der abendlichen Sitzung und an der Politik der Bundesregierung. So betonte das rot-rot-grün regierte Thüringen, diese Art von Sonder-Ministerpräsidenten-Konferenzen sei ungeeignet, weil sie wie ein Vollzugsorgan des Koalitionsausschusses vom Montag wirken würden und dazu angetan seien, die Arbeit des Bundesrates auszuhöhlen. Außerdem kritisierte das Land in einer Protokollerklärung, dass der Bund sich nicht an Sicherheitswarnungen des UN-Flüchtlingshilfswerks halte. Das gelte insbesondere bei Abschiebungen nach Afghanistan.
Ähnlich deutlich äußerte sich Baden-Württemberg. In ihrer Protokollerklärung betonte die Landesregierung, sie begrüße es, dass Bund und Länder der freiwilligen Rückkehr Vorrang einräumten. Gleichzeitig verlangte es unter anderem, dass in Verbindung mit der geplanten besseren Koordinierung und Beschleunigung von Abschiebungen eine humanitäre Regelung für "gut integrierte Altfälle" geschaffen werde. Außerdem dürfe es aus Sicht der Regierung in Stuttgart neue Haftgründe für eine Verhängung von Abschiebehaft nur dann geben, wenn auch tatsächlich alle Voraussetzungen für eine Abschiebung vorlägen.