Süddeutsche Zeitung

Asyl:Angestaute Altlast

Zuerst die gute Nachricht: Langsam aber sicher schrumpft der Stapel der Altanträge, die das Asyl-Bundesamt bearbeiten muss. Die schlechte Nachricht: Noch immer dauern Asylverfahren länger als vorgesehen.

Von Jan Bielicki

Viele Asylbewerber müssen in Deutschland immer noch deutlich länger auf eine Entscheidung über ihren Antrag warten, als es die Bundesregierung zugesagt hatte. Im Schnitt zehn Monate dauerten Asylverfahren, über die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) im dritten Quartal 2017 entschied. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der linken Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke hervor. Eigentlich wollte die Asylbehörde laut einem von ihrem damaligen Chef Frank-Jürgen Weise und Innenstaatssekretärin Emily Haber unterzeichneten Arbeitsprogramm die Bearbeitungsdauer für Asylanträge schon bis Ende 2016 auf "unter fünf Monate im Gesamtdurchschnitt" senken. Dieses Fünf-Monats-Ziel hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits im Herbst 2015 den Bundesländern versprochen, allerdings ohne eine Frist zu nennen.

Immerhin: Langsam aber sicher schrumpft der Stapel der Altanträge

Die lange Verfahrensdauer geht praktisch allein auf die angestauten Altfälle aus den Vorjahren zurück. Ende September waren etwa 100 000 Verfahren im Amt anhängig, bei fast der Hälfte davon lagen die Akten schon seit mehr als einem Jahr in den Ablagen. Jelpke sieht dadurch die Zusage des Bundes an die Länder "massiv gebrochen". Die Leidtragenden seien "die Asylsuchenden: Überlange Asylverfahren sind für die Betroffenen sehr belastend und Gift für jedwede Integration", sagte sie.

Allerdings schrumpft der Stapel der Altanträge. Ende November ist die Zahl der noch nicht fertig bearbeiteten Anträge auf gut 75 000 gesunken, davon wurden nur noch 30 000 vor Januar 2017 gestellt. In den ersten elf Monaten dieses Jahres haben 185 000 Menschen erstmals Asyl beantragt. Für diejenigen von ihnen, die bereits einen Entscheid bekommen haben, dauerte das Verfahren im Schnitt nur noch knapp zweieinhalb Monate. Zahlenmäßig keine Bedeutung haben die Anfang 2016 eingeführten beschleunigten Verfahren für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern. Im dritten Quartal 2017 wurde in den dafür vorgesehenen Ankunftszentren in Bamberg und Manching bei Ingolstadt nur über 355 Bewerber aus solchen Staaten entschieden.

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Quelle:
SZ vom 21.12.2017
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