Assad narrt die Arabische Liga:Getäuscht, verspottet und für dumm verkauft

Die Mission der Arabischen Liga in Syrien ist bis dato gescheitert, einer der beiden vorzeitig abgereisten Männer bezeichnet sie gar als "Farce". Präsident Baschar al-Assad zieht die Kontrolleure am politischen Nasenring durch die Arena. Um ihre Glaubwürdigkeit wiederzugewinnen, bleibt ihnen bloß eine Chance: Sie müssen ihr Mandat endlich ausreizen.

Tomas Avenarius

Die Führer der Arabischen Liga müssen sich als Nichtsnutze und Narren fühlen: Erst ringen sie sich unter internationalem Druck zum Vorgehen gegen Syrien durch. Dann verspottet Präsident Baschar al-Assad den Araber-Club als Versagertruppe mit einem sechzig Jahre alten Sündenregister im Judas-Dienst westlicher Mächte. Und jetzt gehen der Liga auch noch die Beobachter von der Fahne.

Assad narrt die Arabische Liga: Der syrische Präsident Baschar al-Assad nutzt die Beobachtermission der Arabischen Liga für seine Zwecke.

Der syrische Präsident Baschar al-Assad nutzt die Beobachtermission der Arabischen Liga für seine Zwecke.

(Foto: AFP)

Schon zwei der nach Syrien entsandten Experten haben ihren Job hingeworfen, nennen die Liga-Kontrollmission eine "Farce". Der Einsatz mache es dem Assad-Regime möglich, noch mehr Menschen zu töten als zuvor, sagte einer der beiden Männer: "Ich habe mich zurückgezogen, weil ich mit der Mission dem Regime diene, statt Teil eines unabhängigen Kontrollinstruments zu sein."

Wenn stimmt, was die Abtrünnigen sagen, dann zieht Präsident Assad die Arabische Liga gerade am politischen Nasenring durch die Arena. "Die Mission ist ein abgeschmacktes Schauspiel, die Beobachter werden für dumm verkauft", beschwerte sich einer der Missionsteilnehmer beim arabischen Fernsehsender Al-Dschasira. "Das Regime orchestriert Dinge, um die Arabische Liga am Handeln zu hindern." Nun muss man dem fahnenflüchtigen Beobachter nicht alles glauben, zumal er ausgerechnet Al-Dschasira - die Stimme der arabischen Aufstände - als Sprachrohr gewählt hat.

Aber schon das Gezerre um die Details der Beobachtermission hatte Skepsis geweckt. Gegen den Willen der anderen arabischen Staaten hatte Damaskus entscheidende Tabus in den Reiseplan gestempelt. Vorerst keine Menschenrechtsexperten, Feldstudien nur in Begleitung syrischer Sicherheitskräfte, kein Zugang zu bestimmten Militäranlagen.

Zweifel an der Mission hatte auch ihr Chef aufkommen lassen: Ein General und Geheimdienstmann aus der Menschenrechts-Diaspora Sudan, der dort geholfen haben soll, Aufständische zu massakrieren. Gleich zu Beginn dröhnte der Sudanese, er habe bei den ersten Kontrollreisen "nichts Ungewöhnliches" gesehen. Das nahm sich aus wie ein untertäniges Gastgeschenk für Assad.

Was folgte, passt ins unappetitliche Bild. Die Beobachter sind in den umkämpften Städten fast nie allein, reisen "aus Sicherheitsgründen" in Bussen der syrischen Polizei. Die Überwacher lassen sich demnach von den zu Überwachenden überwachen. Unter Feuer geraten sie dennoch und es ist nicht einmal klar, vom wem: Haben militante Oppositionelle auf die Liga-Vertreter geschossen oder doch die Anhänger des Regimes? Wenn das eine unabhängige und effektive Beobachtermission sein soll, dann ist Präsident Assad ein Geisteskind des indischen Friedensapostels Mahatma Gandhi.

So liegen die Dinge aber nicht. Die Mission ist Teil des Liga-Friedensplans, mit dem jede ausländische - sprich westliche - Einmischung in die syrischen und arabischen Angelegenheiten verhindert werden soll. Hört Assad nicht auf, seine Bürger zu massakrieren, stehen dem Plan zufolge der Dauerausschluss aus der Liga an und die Übergabe der Syrien-Akte an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Dann wird es eng für Assad, dann droht das Libyen-Szenario.

Nach gut zwei Wochen erfolglosem Syrien-Einsatz steht die Araber-Liga jetzt vor ihrer Hamlet-Frage: Taugt sie oder taugt sie nicht als arabischer Interessenvertreter? Zieht sich die Liga aus Syrien zurück, überlässt sie den Fall fast automatisch den westlichen Mächten und dient deren keinesfalls uneigennützigen Interessen. Bleibt sie mit den Beobachtern im Land, macht sie sich zu Assads Affen.

Jedenfalls, solange ihre jetzt nur noch 163 taub-stumm-blinden Kontrolleure sich an dessen Kautelen halten und schweigen: Dann dient ihre Mission dem Despoten, der ungestört schießen und foltern lässt. Solange die Arabische Liga sich nicht entscheidet, ihr Syrien-Mandat auszureizen, gewinnt sie auch keine Glaubwürdigkeit zurück.

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