Asien:Nur Bares für Unwahres

Warum Betrüger in China Einkäufe und Rechnungen bloß noch in bar bezahlen dürfen.

Von Lea Deuber

Es ist zwar nicht verboten, für schlechte Stimmung sorgt es in China aber allemal. Wenn ein Gast im Restaurant beim Bezahlen nicht sein Handy zückt, sondern anfängt, Geld aus seiner Börse zu holen, dann lacht zwar Mao von den Scheinen - die Kellner aber eher nicht. Im Gegenteil: Vielerorts weist man den Bargeld-Liebhabern direkt die Tür.

Chinesische Behörden haben sich nun eine außergewöhnliche Strafe für Betrüger ausgedacht. Laut der Nachrichtenagentur Xinhua ist es bereits 2400 Menschen nicht mehr erlaubt, mit ihrem Handy oder einer Bankkarte zu bezahlen. Die Betroffenen wurden wegen des Betruges mit Geld- und Simkarten schuldig gesprochen. Fünf Jahre dürfen sie keine mobilen Bezahlsysteme mehr nutzen - und müssen zwangsläufig ihre alten Geldbörsen hervorkramen.

Was in Staaten wie Deutschland weniger für Entrüstung sorgen dürfte, bedeutet in China den sozialen Tod per Richterbeschluss. Denn häufig gibt es dort schlichtweg keine Alternativen mehr zum Smartphone. Essensbestellungen können selbst im Nudelladen um die Ecke häufig nur noch mit dem Handy aufgegeben und bezahlt werden. Die Gäste scannen dafür einen QR-Code und wählen die Gerichte über eine App aus. Eintrittstickets, ob für Kino oder Freizeitpark, gibt es nur noch digital.

Auch Rechnungen für Wasser, Strom oder den Besuch beim Hausarzt werden in China über das Smartphone geregelt. 100 Milliarden Überweisungen haben die Chinesen im vergangenen Jahr mit ihren Smartphones getätigt. Jedes Jahr werden es mehr. In den meisten Registrierkassen liegt neben Gummibändern und Kugelschreibern nicht mehr viel - vor allem kein Wechselgeld.

Die Polizeibehörden in der Provinz Guangdong teilten die Tage mit, die neuen Strafen seien im Zuge einer nationalen Kampagne im Kampf gegen den illegalen Verkauf und Verleih von Bank- und Simkarten verhängt worden. Diese müssen seit 2016 auf den Besitzer registriert sein und dürfen nicht weitergeben werden. 6850 Bank- und knapp 50 000 Simkarten sollen die Behörden zuletzt beschlagnahmt haben.

Zu dem Verbot der digitalen Bezahlung kommt aber noch etwas anderes: Die verurteilten Täter dürfen sich kein Geld mehr an Automaten ziehen, sondern müssen persönlich in der Bankfiliale erscheinen. Worüber sie nicht sehr erfreut sein dürften. Schließlich ist die zermürbende Bürokratie in chinesischen Bankfilialen mit ein Grund, warum die mobilen Bezahldienste so schnell Fuß fassen konnten.

Neu ist die Ausgrenzungs-Politik durch chinesische Gerichte nicht. Millionen Menschen dürfen seit 2013 nicht mehr mit dem Schnellzug fahren oder mit dem Flugzeug fliegen. Sie stehen auf einer schwarzen Liste für Kreditsünder, die beispielsweise Gehälter ihrer Mitarbeiter oder Darlehen nicht mehr zurückzahlen konnten.

"Unehrliches Verhalten" will die chinesische Regierung mit solchen Maßnahmen bestrafen. Mit Blick auf das Verbot des mobilen Bezahlens für Straftäter zeigen sich Chinas Staatsmedien begeistert. Es sei genau die richtige Strafe für Kriminelle, kommentiert ein Blatt. Werde damit doch Gleiches mit Gleichem vergolten.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: