Aschermittwoch:Verkrampftes Volk

CDU's traditional Ash Wednesday meeting in Demmin

Annegret Kramp-Karrenbauer sprach erstmals auf der traditionellen Aschermittwochs-Veranstaltung der CDU in Demmin – und musste sich gleich verteidigen für ihren Karnelalsscherz.

(Foto: Fabrizio Bensch/Reuters)

Erstmalig spricht Kramp-Karrenbauer beim Aschermittwoch in Demmin - und muss sich verteidigen.

Von Nico Fried, Demmin

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich verständnislos über die Entrüstung geäußert, die ihr Karnevalswitz zu Toiletten für Intersexuelle ausgelöst hat. Auf dem politischen Aschermittwoch der CDU in Demmin in Mecklenburg Vorpommern hielt Kramp-Karrenbauer ihren Kritikern vor, den kurzen Ausschnitt ihrer Rede vor dem Stockacher Narrengericht aus dem Zusammenhang gerissen zu haben. Zugleich warnte sie davor, Äußerungen im Karneval zu ernst zu nehmen und damit eine Tradition zu zerstören, "wo man gerade nicht jedes Wort auf die Goldwaage legt". Kramp-Karrenbauer kritisierte ein Übermaß an politischer Korrektheit und fehlender Toleranz. "Heute habe ich manchmal das Gefühl, wir sind das verkrampfteste Volk, das auf der Welt herumläuft", sagte sie. "Das Maß stimmt nicht mehr."

Sie kritisierte auch die Debatte darüber, ob Kinder als Indianer oder Scheichs Karneval feiern dürfen, nachdem diese Kostüme in einer Hamburger Kita für unerwünscht erklärt worden waren. Sie wünsche sich ein Deutschland, in dem Kinder Cowboy und Indianer spielen dürften und "in dem sie im Kindergarten wahlweise mit der Puppe oder mit Lego spielen dürfen, wie sie es wollen. Ohne dass man ihnen mit drei Jahren schon sagt, dass sie kultursensibel sein müssen. Das ist doch alles ein Wahnsinn, was wir hier erleben."

Kramp-Karrenbauer sprach erstmals auf der traditionellen Aschermittwochs-Veranstaltung der CDU in Demmin. In den vergangenen Jahren hatte ihre Vorgängerin im Parteivorsitz, Kanzlerin Angela Merkel, stets die Hauptrede gehalten. Sie hat ihren Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern. In Stockach hatte Kramp-Karrenbauer vergangene Woche einen Scherz über Toiletten für das dritte Geschlecht gemacht: "Das ist für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder schon sitzen müssen. Dafür, dazwischen, ist die Toilette." Kritiker hielten ihr vor, sie diskriminiere damit Intersexuelle. Kramp-Karrenbauer sagte, sie sei vor dem Narrengericht "wegen der Entmannung der CDU" angeklagt gewesen. Darum sei es auch in ihrer Rede gegangen. An die Adresse ihrer Kritiker sagte sie: "Vielleicht hättet ihr Euch mal besser die ganze Veranstaltung angeschaut." Auch am Aschermittwoch hatten Redner anderer Parteien Kramp-Karrenbauer aufs Korn genommen.

Der frühere SPD-Chef Martin Schulz sagte bei den baden-württembergischen Sozialdemokraten in Ludwigsburg, "dass sich eine CDU-Vorsitzende darüber äußert, auch im Karneval, wer auf welche Toilette gehen darf, das ist sicher nicht das Niveau, mit dem man die Bundesrepublik Deutschland führen sollte". Justizministerin Katarina Barley, die auch Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl ist, sagte bei der Bayern-SPD in Vilshofen, plumpes Abgrenzen und Witze über Minderheiten seien das Letzte, was die Gesellschaft brauche. Grünen-Chef Robert Habeck forderte die CDU-Vorsitzende auf, sich zu entschuldigen. Kramp-Karrenbauer sei eine nette Frau, sagte Habeck in Biberach. Aber sie habe ein bisschen zu viele Probleme mit zu viel bunt. Es sei immer billig, auf Minderheiten herumzureiten. Baden-Württembergs CDU-Chef und Bundesvize Thomas Strobl sagte dagegen, es erstaune ihn, was in Berlin für ein Bohei über einen Fastnachtswitz in Stockach gemacht werde. Allen, die eine Entschuldigung forderten, sage er: "Keine Ahnung habt ihr von der Fastnacht in Baden-Württemberg, ihr Kulturbanausen in Berlin." Er sei selbst in Stockach gewesen - und er habe gelacht.

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