Arnold Schwarzenegger:Botschaft an die Barbaren

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Der frühere Action-Schauspieler und Gouverneur erteilt den Amerikanern eine Lektion in Patriotismus. Und er zieht den Vergleich zu den düstersten Kapiteln der Geschichte.

Von Stefan Kornelius

Wie hilfreich eine Schauspielausbildung für die politische Karriere ist, wissen die USA spätestens seit Ronald Reagan. Nun hat sich erwiesen, dass auch der Alpinsport Steinheben die politische Durchsetzungskraft erhöht. Jedenfalls ist dem ehemaligen Steinheber, späteren Schauspieler und noch späteren Gouverneur Arnold Schwarzenegger, inzwischen 73 Jahre alt, dank seiner körperlichen Präsenz und schauspielerischen Eindringlichkeit ein Auftritt gelungen, von dem selbst der nächste Präsident nur träumen kann: Er hat das Land gleichzeitig gefesselt, gerührt und geeint - und damit einen Felsen bewegt wie wenige andere im gespaltenen Amerika.

Schwarzenegger, immerhin ein Republikaner, veröffentliche Sonntagnacht ein Video auf seinem Twitter-Kanal, das mit siebeneinhalb Minuten lang geraten, aber dennoch kurzweilig ist. Schwarzenegger spricht mit bestechender Eindringlichkeit und lässt seine Worte von Streichern, Bläsern und Schlaginstrumenten unterlegen, was die Emotion erst wirklich schürt. Keine 24 Stunden nach seiner Veröffentlichung war das Video 32 Millionen Mal angeklickt worden.

Vielleicht ist er eher Idol des Personenkreises, der das Kapitol stürmte

Im Kern gibt Schwarzenegger die Aussage eines Textes wieder, den er selbst am 5. Januar im britischen Economist verfasst hatte. Er borgte sich damals den Titel eines seiner Filme ("Judgement Day") und schrieb eine Philippika an seine republikanischen Parteifreunde. Der Tag des Jüngsten Gerichts würde laut Schwarzenegger der 6. Januar sein - jener Moment also, an dem die Partei endlich ihre Niederlage einsehen müsse. Bekanntlich kam es nicht dazu.

US-Wahl
:Trump will noch mehr als 100 Begnadigungen aussprechen

Der US-Präsident will vor seinem Ausscheiden aus dem Amt Berichten zufolge noch Dutzende Amerikaner begnadigen - sich selbst und seine Familie aber wohl nicht. Sein Nachfolger Biden will am Tag seines Amtsantritts wichtige Vorhaben per Dekret umsetzen.

Unter dem Eindruck des Sturms aufs Parlament entschloss sich der Action-Schauspieler also zu einer direkten Ansage an seine Landsleute. Schwarzenegger ist in den USA eine nationale Bekanntheit, wird eher mit konservativen Kreisen in Verbindung gebracht und ist als Held des Trivialen vielleicht eher jenem Personenkreis ein Idol, der am vergangenen Mittwoch das Kapitol gestürmt hat. Allerdings war Schwarzenegger auch viele Jahre mit der Kennedy-Nichte Maria Shriver verheiratet, holte im demokratischen Kalifornien den Gouverneurs-Posten für die Republikaner und war definitiv kein Freund von Donald Trump.

Nun erteilte er seinen amerikanischen Landsleuten eine Lektion in Patriotismus und baute dazu eine Fallhöhe auf, die es an Klarheit nicht missen ließ. Schwarzenegger erzählte von seiner Kindheit im katholisch-österreichischen Milieu der unmittelbaren Nachkriegszeit, in dem die Väter ihre Schuld in Alkohol ersäuften, die Familie schlugen und nicht wahrhaben wollten, was sie in der Nazi-Diktatur angerichtet hatten.

Der gebürtige Österreicher zieht den Vergleich zur Reichspogromnacht von 1938

Den Sturm auf das Kapitol verglich er mit dem Gewaltausbruch 1938 gegen Synagogen und jüdische Geschäfte, der als "Kristallnacht" in die Geschichte einging. "Mittwoch war die Nacht des zerbrochenen Glases hier in den Vereinigten Staaten", sagte der gebürtige Österreicher Schwarzenegger; der "Mob" am Kapitol habe nicht nur die Türen des Hauses der Demokratie in Washington zerbrochen, sondern er sei auf den Prinzipien "herumgetrampelt", auf denen die USA gegründet worden seien.

Dann folgte der moralisch-belehrende Teil der Ansprache, die Schwarzenegger vor amerikanischen und kalifornischen Fahnen hielt, gekleidet in einer Fliegerjacke mit Aufnähern, die ihm eine offiziöse Wirkung verlieh. "Wir müssen uns gemeinsam von dem Drama heilen, das gerade passiert ist. Wir müssen als Amerikaner genesen." Präsident Trump sei ein gescheiterter Anführer. Er werde als der schlechteste Präsident aller Zeiten in die Geschichte eingehen. Und überhaupt, wer sein Land liebe, müsse es mit Teddy Roosevelt halten: Patriotismus bedeute, dass man zu seinem Land stehe, nicht zu seinem Präsidenten.

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