Um 25 Euro pro Kind und Monat soll das Kindergeld steigen, so steht es zumindest in den Vereinbarungen von Union und SPD für eine neue Koalition. Das wären dann künftig 219 Euro monatlich fürs erste und zweite Kind, und 225 Euro fürs dritte. Auch Steuervorteile, vor allem für geringverdienende Eltern, wurden bei den Koalitionsgesprächen am Freitag vereinbart. "Dies ist ein ganz, ganz großer Schritt raus aus der Kinderarmut", sagte Familienministerin Katarina Barley (SPD). Ein dringend nötiger Schritt: Laut einem aktuellen Report des deutschen Kinderhilfswerks ist jedes fünfte Kind von Armut betroffen.
Wie Kinderarmut am besten bekämpft werden könnte, wissen die jungen Leute selbst am besten. Bei der Präsentation des Reports am Freitag in Berlin stellten Thomas Krüger, der Chef des Hilfswerks, und Stephan Weil (SPD), niedersächsischer Ministerpräsident, die Ergebnisse einer Umfrage des Politikforschungsinstituts Kantar Public vor. Die 620 befragten Kinder und Jugendlichen fordern übereinstimmend eine Lehrmittelfreiheit sowie mehr Therapeuten, Pädagogen und Sozialarbeiter, die sich um benachteiligte Kinder kümmern. 92 Prozent dringen auf kostenloses Essen in Schulen und Kindertagesstätten, eine Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze für Kinder sowie eine kostenlose Ganztagsbetreuung.
Von den 1000 gleichzeitig befragten Erwachsenen gaben knapp zwei Drittel an, dass sie bereit wären, mehr Steuern zu bezahlen, um die Not von Kindern zu lindern. Das Problem ist also in den Köpfen angekommen. Zwar gab es in den vergangenen Jahren immer wieder leichte Erhöhungen beim Kindergeld, auch ist der Unterhaltsvorschuss reformiert worden, und Alleinerziehende bekommen nun länger Unterstützung für ihren Nachwuchs vom Staat. Das deutsche System bei Familienleistungen ist jedoch so komplex und bürokratisch organisiert, dass die Gelder nicht sicher dort landen, wo sie nötig wären: bei fast drei Millionen jungen Menschen, die von Armut bedroht sind. Ministerpräsident Weil forderte eine einfachere Handhabung - etwa mit Einführung einer Kindergrundsicherung.
Drei Viertel der Befragten finden, dass die Politik nicht genug gegen Kinderarmut unternehme. Vor allem Alleinerziehende würden zu wenig unterstützt. Als wesentliche Ursache machen die Forscher geringe Einkommen der Eltern durch prekäre Arbeitsverhältnisse aus. "Wer Vollzeit arbeitet, muss in der Lage sein, den Familienunterhalt aus eigener Kraft zu bestreiten. Deshalb brauchen wir dringend armutsfeste Löhne in Deutschland", sagt Krüger. Das Kinderhilfswerk plädiert zudem dafür, ein Bundeskinderteilhabegesetz zu schaffen. Vor allem Jugendliche aus sozial schwachen Verhältnissen sollen einen Rechtsanspruch auf Förderung und Teilhabe bekommen. Denn Kinderarmut bedeutet nicht nur materielle Not, sie zieht auch einen Mangel an Bildung nach sich sowie die Ausgrenzung von Unternehmungen, die für betuchtere Familien ganz selbstverständlich sind. Die Groko-Verhandler scheinen das Problem erkannt zu haben: Sie wollen die Kinderrechte im Grundgesetz verankern.