Süddeutsche Zeitung

CDU Baden-Württemberg:Die große Umarmung

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Armin Laschet besucht als neuer Parteivorsitzender zum ersten Mal Stuttgart. Viele in der baden-württembergischen CDU hatten sich Friedrich Merz in seinem Amt gewünscht.

Von Claudia Henzler, Stuttgart

War da was? Vor einer Woche noch wollten weite Teile der CDU in Baden-Württemberg unbedingt Armin Laschet als neuen Bundesvorsitzenden verhindern. Nun bemüht sich die Parteispitze im Südwesten offensiv darum, Ruhe in die eigenen Reihen zu bringen und Geschlossenheit mit dem neuen Parteivorsitzenden zu demonstrieren. Die Motivation ist klar: In den kommenden sieben Wochen soll sich die Aufmerksamkeit ausschließlich auf den Wahlkampf im eigenen Bundesland konzentrieren. Denn am 14. März geht es für die CDU in Baden-Württemberg darum, ob sie die Grünen als stärkste Kraft im Land ablösen kann.

Recht geschmeidig haben sich einige prominente Merz-Anhänger in den vergangenen Tagen in Laschet-Fans verwandelt. Allen voran der Landesvorsitzende Thomas Strobl. Auf dem digitalen Parteitag des Landesverbands würdigte Strobl ausführlich den neu gewählten Bundesvorsitzenden. Vor einem Jahr hatte er sich gemeinsam mit Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann und Generalsekretär Manuel Hagel sehr frühzeitig und deutlich hinter Friedrich Merz positioniert, dem sie eine besonders hohe Wirtschaftskompetenz zuschrieben. Vor einer Woche hat Eisenmann gefordert, dass sich der neue Bundesvorsitzende bei diesem Thema von Merz inspirieren lassen sollte.

Davon war auf dem Parteitag am Samstag nichts mehr zu hören. Stattdessen hob Strobl hervor, wie erfolgreich Laschet als Ministerpräsident das Industrieland Nordrhein-Westfalen führe. Er lobte auch dessen Sicherheitspolitik und pries den neuen Bundesvorsitzenden als jemanden, der gut integrieren und einer gesellschaftlichen Spaltung entgegenwirken könne. Strobl betonte außerdem, dass der Wahl des neuen CDU-Vorsitzenden ein "fairer Wettbewerb" vorausgegangen sei, "der uns auch gutgetan hat". Mehr noch: "Das war schon ein Hochfest der Demokratie." Nun sei klar, dass die CDU Baden-Württembergs "ohne jede Vorbehalte, mit ganzer Tatkraft den neuen Bundesvorsitzenden Armin Laschet unterstützen" werde.

Daimler, Porsche und ein Plädoyer, nicht ausschließlich auf Elektromobilität zu setzen

Die Umarmung war gegenseitig. Laschet war am Samstag persönlich in den Süden gekommen, um auf dem Parteitag zu sprechen, obwohl in den Wagenhallen in Stuttgart neben Strobl, Eisenmann und Hagel nur ein kleines Team aus Mitarbeitern und Technikern anwesend war. Es sollte ein Signal der Wertschätzung sein, das auch so verstanden wurde: Generalsekretär Hagel hatte schon am Vortag stolz darauf hingewiesen, dass Laschet in Stuttgart seinen ersten Auftritt als dann auch offiziell bestätigter Bundesvorsitzender absolvieren werde. Das stimmte zwar letztlich nicht ganz, weil Laschet auf dem Weg nach Stuttgart noch in Mainz vorbeischaute, wo sich die CDU Rheinland-Pfalz auf die Landtagswahl am 14. März einschwor. Aber das war auch nur ein sogenannter Kleiner Parteitag.

Laschet hatte sich gut auf seinen Auftritt vorbereitet. Am Morgen, so erwähnte er in der Rede beiläufig, hatte er noch mit dem baden-württembergischen CDU-Mitglied und bekannten Tunnelbauunternehmer Martin Herrenknecht telefoniert. Kenntnisreich baute er die Namen aller amtierenden CDU-Minister in Baden-Württemberg ein. Er vergaß nicht zu erwähnen, dass er in diesem "wunderschönen" Bundesland gerne seinen Urlaub verbringt und legte ansonsten einen deutlichen Schwerpunkt auf das Thema Wirtschaft. Daimler und Porsche kamen selbstverständlich vor und ein Plädoyer, nicht ausschließlich auf Elektromobilität zu setzen. Vor allem aber schwärmte Laschet von den "starken, mittelständisch geprägten Familienunternehmen" und dem Gründergeist in Baden-Württemberg. Die Politik müsse diesen Unternehmen Freiräume geben, dürfe nicht zu viel regulieren. "Wir brauchen auch keine Vorschriften für Home-Office." Für diesen Geist stehe die CDU.

Die Partei erfülle in Baden-Württemberg außerdem den Anspruch, Städte und ländlichen Raum gleichermaßen zu vertreten: Sie sei "stark in den Kreisen und ist trotzdem in der Lage, in Stuttgart den Oberbürgermeister zu stellen", sagte Laschet. Und wenn der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann nicht typisch sei für seine Partei, so Laschet, dann liege das auch an der starken CDU, die ihn auf den richtigen Weg bringe.

Laschet: "Wir brauchen natürlich auch Friedrich Merz"

Der neue CDU-Vorsitzende stellte sich auch schützend vor die Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann, die sich als Kultusministerin von Baden-Württemberg zuletzt vehement für eine Öffnung der Kindergärten und Grundschulen in Baden-Württemberg eingesetzt hat und deshalb in der Kritik steht. Der Landesparteitag hatte am Vormittag gerade begonnen, als eine Meldung der Nachrichtenagentur Dpa für Unruhe sorgte: Hans Georg Koch, Regierungssprecher des früheren CDU-Ministerpräsidenten Erwin Teufel, hatte mitgeteilt, dass er aus Ärger über Eisenmann nach über 40 Jahren aus der CDU austrete. In einem Leserbrief an die Frankfurter Allgemeine Zeitung begründete er das so: "Zum ersten, weil die Spitzenkandidatin der CDU seit Wochen versucht, aus der Corona-Krise politisches Kapital zu schlagen; zum zweiten, weil es offensichtlich niemanden in der CDU Baden-Württemberg gibt, der (oder die) auch nur den Versuch macht, sie zu bremsen."

Laschet betonte vor diesem Hintergrund, es sei wichtig, die Bildungsfrage immer wieder anzusprechen, um bei der Abwägung zwischen der Ausbremsung der Pandemie und den sozialen Folgen "ein gutes Gleichgewicht zu finden".

Ausdrücklich dankte Laschet allen CDU-Delegierten, die nach dem Bundesparteitag das Ergebnis akzeptiert haben und es auf sich nahmen, den Stimmzettel auszudrucken und einzuschicken. Dahinter stecke eine "innere Haltung", die ihm den Start leicht mache. "Wir brauchen natürlich auch Friedrich Merz", ergänzte er. Er wolle, dass Merz weiter dabei bleibe. Der Partei stünden im Superwahljahr große Herausforderungen bevor. "Wir werden das nur schaffen, wenn wir dann zusammenstehen."

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