Hollywood:Geld und Moral

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Armie Hammer (l.) spielt neben Gal Gadot eine tragende Rolle in "Tod auf dem Nil". (Foto: 2020 Twentieth Century Fox Film Corporation)

Warum "Tod auf dem Nil" mit Verspätung in die Kinos kommt.

Von David Pfeifer

Schuldfragen sind Kernfragen in den Geschichten von Agatha Christie. Allerdings eher im Sinn von: War es der Gärtner oder doch Professor Plum mit dem Leuchter in der Bibliothek? Für moralische Grundsatzfragen sind die Geschichten eher ungeeignet, sie gehören der Kategorie leichte Unterhaltung an, so wie die Wiederverfilmung des Klassikers "Tod auf dem Nil", die im Februar in Deutschland anlaufen soll. Neben dem englischen Shakespeare-Experten Kenneth Branagh, der den belgischen Meisterdetektiv Hercule Poirot spielt und Regie führte, ist Gal Gadot zu sehen, die als "Wonder Woman" zum Weltstar geworden ist. Und Armie Hammer.

Bei Letzterem muss man dem deutschen Kinopublikum vermutlich auf die Sprünge helfen, denn Hammer hat in vielen Filmen mitgespielt, die bemerkenswert wenig Zuschauer gefunden haben. Nachdem er gleich beide Winklevoss-Zwillinge im sehr erfolgreichen Film "The Social Network" verkörpert hatte, übernahm er die Titelrolle in "Lone Ranger", dem Flop des Jahres 2013, und in "Codename U.N.C.L.E.", der Enttäuschung des Jahres 2015. An fehlendem Talent oder Können lag es nicht. Hammer spielte danach überzeugend im Drama "Call Me by Your Name".

Wirklich berühmt wurde Armie Hammer allerdings, als eine ehemalige Geliebte über ein Instagram-Konto intime Chats und heftige Missbrauchsvorwürfe publik machte. Weitere Frauen bestätigten die Vorwürfe, der Staatsanwalt in Los Angeles hat noch nicht entschieden, ob gegen Hammer Anklage erhoben wird. Andere Schauspieler wurden in den vergangenen Jahren allerdings wegen weniger aus Produktionen und Filmen entfernt.

Kevin Spacey schrieb man aus "House of Cards" raus, als er noch nicht angeklagt war. Ridley Scott drehte alle Spacey-Szenen für den Film "Alles Geld der Welt" mit Christopher Plummer neu. Der Regisseur hielt sich gar nicht mit der Frage auf, ob Spacey schuldig war, er wollte Schaden von seiner Multi-Millionen-Dollar-Produktion abwenden und sie davor schützen, dass nur über die sexuellen Übergriffe des Hauptdarstellers berichtet wird.

Ähnlich war es, als die Komikerin Tig Notaro im vergangenen Jahr ihren Kollegen Chris D'Elia nachträglich vor einem Green Screen im Zack Snyder-Film "Army of the Dead" ersetzte. Vor wenigen Wochen wurde Schauspieler Chris Noth ("Mr. Big") aus dem Finale der Fortsetzung von "Sex and the City" geschnitten, ebenso wegen Missbrauchsvorwürfen. Beide hatten allerdings Nebenrollen. Im Fall von "Tod auf dem Nil" wäre es kompliziert geworden, es ist ein Kammerspiel mit großer Besetzung, Hammer spielte eine tragende Rolle. Gedreht wurde, bevor die Vorwürfe gegen ihn erhoben worden waren, der Film liegt schon etwa so lange auf Eis wie der letzte Bond.

Nun laufen weltweit die Trailer im Kino, Hammer ist darin zu sehen und wird auch im Cast genannt. Die Pandemie war eine Erklärung des Studios für das ewige Verschieben, man wollte aber wohl vor allem abwarten, bis die Vorwürfe gegen Armie Hammer etwas erkaltet sind. Seine Karriere wird trotzdem Schaden davontragen. Zwei Großprojekte musste er bereits absagen. Mit Talent und Können hat das nichts zu tun. Mit Moral aber offensichtlich auch nicht.

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