Oft begann es mit Bauchschmerzen - und immer wieder endete es nicht gut. So besuchte die damals 27-jährige Belén vor einigen Jahren in der nordargentinischen Provinz Tucumán ein Krankenhaus. Sie hatte Krämpfe im Unterleib, aber keine Ahnung, dass sie eigentlich schwanger war. Am Ende erlitt Belén noch in der Klinik eine spontane Fehlgeburt, schlimm genug. Doch dann verurteilten Richter sie aufgrund des strengen argentinischen Abtreibungsverbots auch noch wegen Mordes zu acht Jahren Haft.
Belén ist nach fast drei Jahren Gefängnis wieder frei. Ihr Fall wurde landesweit bekannt, nicht als tragische Ausnahme, sondern eher, weil er die traurige Regel war. Immer wieder wurden Frauen in Argentinien in der Vergangenheit wegen Abtreibungen angeklagt und verurteilt. Dazu müssen jedes Jahr Hunderte Argentinierinnen nach illegalen Eingriffen ins Krankenhaus, manchmal kommt Hilfe zu spät.
Mit alldem soll nun Schluss ein. Um kurz nach vier Uhr Ortszeit hat am frühen Mittwochmorgen die Mehrheit der Parlamentarier im argentinischen Senat für ein neues Gesetz zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen gestimmt. Bis zur 14. Woche sind sie von nun an erlaubt und gratis.
Das ist natürlich erst mal ein Meilenstein für ein Land, das nicht nur katholisch geprägt ist, sondern auch Heimat des aktuellen Papstes. Zudem ist das neue argentinische Abtreibungsrecht ein Symbol für die ganze Region: Überall in Lateinamerika haben Konservative und Kirchen noch großen Einfluss, nur wenige Länder wie Uruguay oder Kuba erlauben Schwangerschaftsabbrüche, in El Salvador oder Honduras sind sie ausnahmslos verboten, selbst nach einer Vergewaltigung und auch bei Gefahr für das Leben der Mutter.
Ein grünes Halstuch wurde zum Symbol im Kampf für Legalisierung
Die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Argentinien ist auch ein riesiger Erfolg für jene neue feministische Bewegung, die in ganz Lateinamerika in den vergangenen Jahren entstanden ist. Es sind meist junge Frauen, die in Mexiko heute genauso auf die Straße gehen wie in Chile, Kolumbien oder Brasilien. Bei riesigen und teils wütenden Demos fordern sie ein Ende der teils grauenhaft hohen Zahl an Femiziden, mehr Gleichberechtigung in Machokulturen und eben auch das Recht auf Abtreibung. Ländergrenzen verschwimmen dabei, in Medellín skandieren die neuen Feministinnen heute ebenso den Slogan "Der Vergewaltiger bist du", wie sie es in Mexiko-Stadt tun. Und längst tragen auch die Demonstrantinnen im brasilianischen Bahía und im kolumbianischen Bogotá das grüne Halstuch, das in Argentinien zum Symbol für den Kampf für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen geworden ist.
Immer wieder waren dort in den vergangenen Jahren ähnliche Vorstöße gescheitert, zuletzt 2018, als das argentinische Abgeordnetenhaus zwar für einen Gesetzesentwurf stimmte, der Senat ihn aber ablehnte. Dass es jetzt geklappt hat, liegt zum einen daran, dass nun die Linksperonisten an der Macht sind und der argentinische Präsident höchstpersönlich das Vorhaben unterstützt hat. Zum anderen ist das neue argentinische Abtreibungsgesetz primär das Verdienst der Zehntausenden jungen Frauen, die über Jahre hinweg für dieses Recht gekämpft haben. Egal, wie man zu Schwangerschaftsabbrüchen steht, ist das ein großartiger Sieg. Weil er jungen Frauen auf dem ganzen Kontinent zeigt, dass es sich lohnt, für das zu kämpfen, an das man glaubt, allem Widerstand zum Trotz.