In Argentinien ist Politik immer auch eine Familienangelegenheit. Bis in höchste Staatsämter folgen sich Ehepartner auf Posten. Strategische Stellen besetzt man mit Geschwistern, Onkeln oder Tanten. Und natürlich werden auch Söhne und Töchter nachgeholt, manchmal Generation um Generation.
Und so mag Argentiniens aktueller Präsident Javier Milei eine Ausnahme in diesem family business sein: ein radikal-libertärer Wirtschaftswissenschaftler ohne Verwandte, die ihm maßgeblich den Weg in die Politik geebnet hätten. Einer seiner derzeit prominentesten Widersacher aber kommt eben mal wieder aus einer jener Dynastien, die die Geschicke des südamerikanischen Landes seit Jahrzehnten mitbestimmen: Pablo Moyano.
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Als am vergangenen Mittwoch ein Generalstreik große Teile Argentiniens lahmlegte, stand der bullige 54-Jährige auf einer Bühne, hinter sich das Kongressgebäude, vor sich mehrere Tausend demonstrierende Streikende. Moyano ist einer der Anführer des Gewerkschaftsbundes CGT, der hauptsächlich zum Arbeitskampf aufgerufen hatte - dazu aber ist er eben auch noch der Sohn von Hugo Moyano, über Jahrzehnte hinweg selbst einer der mächtigsten Gewerkschaftsbosse Argentiniens.
Vater Moyano hatte es als Angestellter einer Transportfirma in den 80er-Jahren zum Generalsekretär in der Arbeitnehmervertretung der Lastwagenfahrer gebracht. Die camioneros transportieren in Argentinien einen Großteil der Waren, von Lebensmitteln über Haushaltsgeräte, bis zu Baustoffen und Benzin. Streiken sie, steht das Land still, und das wiederum gibt dem Chef der Lastwagenfahrer-Gewerkschaft enorme Macht.
Der Senior schuf ein kleines Imperium
Moyano Senior nutzte diese geschickt. Er trat in die peronistische Partei ein, wurde Abgeordneter und brachte es bis zum Parteichef in der Provinz Buenos Aires. Über nahezu zwei Jahrzehnte war er dazu auch noch der Generalsekretär der CGT, dem mit Abstand größten Gewerkschaftsverband in Argentinien, dem neben den Lastwagenfahrern auch noch die Beschäftigten auf dem Bau und in der Gastronomie angehören, sowie Staatsangestellte und Metallarbeiter.
Schon Hugo Moyano legte sich immer wieder mit Präsidenten an und rief zu Generalstreiks auf. Gleichzeitig schuf er sich ein kleines Imperium, mit Fußballclubs und Firmen, mit Luxusimmobilien und Wochenendhäusern. Seine Ehefrau kümmert sich um die Geschäfte, gleich mehrere seiner Kinder besetzen Stellen in der Lastwagenfahrer-Gewerkschaft. Pablo Moyano, der älteste Sohn, soll aber scheinbar der Thronerbe werden: Er folgte dem Vater schon vor Jahren auf den Vorsitz der camioneros nach. Seit 2021 ist Moyano Junior auch noch in die Führungsspitze der CGT - und dort wird er nun zu einem der Hauptgegner der neuen Regierung.
Markt statt Staat, Kapitalismus statt Caritas, will Milei
Erst vor knapp eineinhalb Monaten hat sie ihr Amt angetreten, seitdem aber eine ganze Batterie von Dekreten und Gesetzen auf den Weg gebracht. Vornehmliches Ziel ist es, Argentinien aus einer der schwersten Krisen der letzten Jahrzehnte zu führen: Allein im Dezember lag die Inflation bei rund 25 Prozent, immer länger werden die Schlangen vor den Suppenküchen. Dazu soll das südamerikanische Land aber auch im Sinne der radikal-libertären Ideen von Präsident Javier Milei umgestaltet werden: Markt statt Staat, Kapitalismus statt Caritas. Subventionen wurden gestrichen, staatliche Firmen sollen verkauft werden und auch das Arbeitsrecht will Milei massiv lockern.
Die Gewerkschaften wollen die Regierung stoppen, mithilfe von Gerichten, aber auch mit dem Generalstreik. Andernfalls drohe "moderne Sklaverei", sagt Pablo Moyano. Javier Milei hält dagegen: Moyano sei ein "Feind aller Reformen", und Gewerkschaftsbossen wie ihm ginge es allein um ihre Pfründe und Privilegien, sagt der Präsident.
Übrigens: Eine von Mileis wichtigsten Beraterinnen ist seine Schwester Karina, genannt "la jefa", die Chefin, und heute Generalsekretärin der Präsidentschaft. Politik ist in Argentinien auch weiterhin eine Familienangelegenheit.