Ampelkoalition:FDP bremst Heil bei Plänen zur Arbeitszeiterfassung

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Minister Hubertus Heil bekommt für seine Pläne zur Arbeitszeiterfassung Kritik aus der FDP. (Foto: Fabian Sommer/dpa)

Fraktionsvize Lukas Köhler fordert, dass der Gesetzentwurf grundlegend überarbeitet wird. Die Liberalen pochen auf den Erhalt der Vertrauensarbeitszeit.

Von Roland Preuß, Berlin

In der Koalition zeichnet sich ein Streit über die geplante elektronische Erfassung der Arbeitszeit ab. Die FDP will den entsprechenden Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) so nicht mittragen. "Der Entwurf des Arbeitszeiterfassungsgesetzes muss grundlegend überarbeitet werden", sagte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler am Mittwoch der Süddeutschen Zeitung. Die Arbeitszeiterfassung müsse zwar europarechtskonform geregelt werden, sagte Köhler mit Blick auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs. "Es muss aber den Arbeitgebern überlassen bleiben, auf welche Weise die Arbeitszeit erfasst wird. Die Bedingungen in einzelnen Betrieben sind viel zu unterschiedlich, als dass die digitale Zeiterfassung für alle praktikabel und mit vertretbarem Aufwand umsetzbar wäre."

Heils Gesetzentwurf war am Dienstag bekannt geworden. Er sieht vor, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer grundsätzlich täglich ihre Arbeitszeit elektronisch zu erfassen haben. Die Tarifparteien können allerdings Ausnahmen vereinbaren. Zudem soll die sogenannte Vertrauensarbeitszeit weiterhin möglich sein, allerdings nur, wenn ebenfalls die Stunden aufgezeichnet und Verstöße gegen Ruhezeiten verhindert werden. Bei der Vertrauensarbeitszeit verzichtet der Arbeitgeber darauf, feste Uhrzeiten festzulegen, er vertraut darauf, dass Beschäftigte selbstständig ihre Aufgaben erledigen. Das Gesetz dürfe "nicht zu Einschränkungen bei der Vertrauensarbeitszeit führen", sagte Köhler. "Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind in der Lage, mit der Vertrauensarbeitszeit verantwortungsbewusst umzugehen."

Auch Pascal Kober, der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, forderte Korrekturen bei der Vertrauenszeit. "Der Vorschlag des Arbeitsministers zeugt von einem Misstrauen gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, mit Vertrauensarbeitszeit eigenverantwortlich umgehen zu können", sagt er der SZ. Für die FDP sei klar, dass Vertrauensarbeitszeit weiterhin möglich sein müsse.

Ex-Verdi-Chef Bsirske lobt Heils Pläne

"Generell nicht nachvollziehbar ist die im Entwurf zum Ausdruck kommende Haltung des Ministers bezüglich der Digitalisierung in der Arbeitswelt", so Kober. Heil beharre bei einem Gesetz auf Tinte und Papier, sodass bei Arbeitsverträgen Angaben und Änderungen nur auf Papier übermittelt werden dürften, in diesem Gesetz wolle er nun aber rein elektronische Verfahren zur Arbeitszeiterfassung vorschreiben.

Der grüne Arbeitsmarktexperte Frank Bsirske dagegen begrüßte Heils Gesetzespläne. "Das ist ein großer Schritt zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und zum Schutz der Beschäftigten", sagte er der SZ. Vor allem sei die tagesaktuelle Aufzeichnung der Arbeitszeit in Branchen wichtig, in denen Schwarzarbeit verbreitet sei. "Das macht die Kontrollen der Arbeitszeit leichter, macht es einfacher, den Mindestlohn zu kontrollieren, und schützt die Menschen vor Lohndumping." Bsirske war bis 2019 Vorsitzender der Gewerkschaft Verdi.

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