Arbeitszeit:Zu viel Druck

Berufstätige sollten nicht noch mehr arbeiten müssen.

Von Kristiana Ludwig

Eine Pandemie legt das Arbeitsleben lahm - so wirkt es in dieser Krise, aber so ist es nicht für jeden. Einige Menschen schuften in diesen Wochen mehr denn je: Sie arbeiten in Apotheken, Pflegeheimen oder auch im Home-Office, sind erreichbar von früh bis spät. Sie sorgen für das Überleben und Funktionieren dieser Krisengesellschaft. Wer jetzt als systemrelevant gilt, leistet oft pausenlos Überstunden - oder arbeitet sogar freiwillig mehr. Zwölf-Stunden-Tage sind für viele Menschen gerade die Regel. Dass Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nun das Arbeitszeitgesetz lockert, muss für sie daher wie ein schlechter Scherz klingen. Die Politik hat nicht verstanden, was diese Menschen jetzt brauchen.

Jeder Körper hat Grenzen, und es hat Folgen, sie zu überschreiten. Pausenloses Arbeiten laugt aus. Wer seinen Angestellten keine Ruhezeiten gönnt, erhöht den Krankenstand. Wer zu viel arbeitet, macht Fehler. Pfleger unter Druck desinfizieren sich seltener die Hände, das gefährdet Patienten und sie selbst. Diese Krise ist zudem psychisch sehr belastend. Jeder sorgt sich jetzt um die Familie oder den Arbeitsplatz: Systemrelevant zu sein, heißt nicht automatisch, auch unverzichtbar zu sein.

Wenn die Politik das System stabilisieren will, muss sie die Menschen entlasten, die es stützen. Durch eine verlässliche Kinderbetreuung etwa, und durch strenge Pausenregeln, die systemrelevante Arbeitnehmer gesund halten - und eben nicht durch noch mehr Druck.

© SZ vom 11.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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