Arbeitspapier:EU plant äußerste Härte in Brexit-Verhandlungen

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Die Forderungen der EU (im Bild Ratspräsident Donald Tusk und Theresa May Anfang April in London) laufen den Plänen der britischen Premierministerin zuwider. (Foto: imago/i Images)
  • Die EU-Kommission plant in einem öffentlich gewordenen Arbeitspapier harte Forderungen bei den Brexit-Verhandlungen.
  • Die Rechte in Großbritannien lebender EU-Bürger sollen demnach ohne Einschränkung gesichert bleiben.
  • Zudem sollen die Briten die Kosten des EU-Austritts in Euro bezahlen und der Europäische Gerichtshof soll weiter für Großbritannien zuständig sein.

Von Daniel Brössler und Alexander Mühlauer, Brüssel

Die EU-Kommission will mit äußerster Härte in die Brexit-Verhandlungen gehen. Das geht aus einem Arbeitspapier hervor, das sechs Wochen vor der Parlamentswahl in Großbritannien am Donnerstag in Brüssel bekannt geworden ist. Es enthält eine Reihe von Forderungen, die in London als Zumutung empfunden werden dürften und den Plänen von Premierministerin Theresa May zuwiderlaufen.

So sollen die Rechte von bereits in Großbritannien lebenden EU-Bürgern ohne Einschränkung gesichert bleiben, der Europäische Gerichtshof (EuGH) soll vorübergehend weiter für Großbritannien zuständig sein und weitreichende finanzielle Forderungen an London gestellt werden. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wird kommenden Mittwoch zu Gesprächen in London erwartet.

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Brisant ist vor allem die Position der EU zu den Rechten in Großbritannien lebender EU-Bürger und britischer Bürger in der Europäischen Union. Sie sollen für alle, die bis zum Austrittsdatum von der EU-Freizügigkeit profitiert haben, "lebenslang" erhalten bleiben. In der Kampagne vor dem Brexit-Referendum hatte das Einwanderungsthema eine zentrale Rolle gespielt. Setzt sich die EU durch, würden auch nach dem Austritt Großbritanniens alle EU-Bürger, die bereits im Vereinigten Königreich ansässig sind, weiter gleichberechtigten Zugang zum Arbeitsmarkt und zum britischen Sozialsystem haben.

Es dürften auch keine neuen bürokratischen Hürden errichtet werden. Weiter zuständig bleiben würde zunächst auch der EuGH - und zwar in allen Verfahren, die vor dem Austritt begonnen wurden oder deren Anlass in die Zeit vor dem Austritt zurückreicht beziehungsweise in denen EU-Recht noch zur Anwendung kommt. Garantiert werden soll auch, dass bereits gefällte Urteilssprüche des EuGH auch nach dem Brexit durchgesetzt werden können.

Großbritannien soll sämtliche Kosten des EU-Austritts in Euro bezahlen

Auch bei den finanziellen Verpflichtungen zeigt sich die EU-Kommission unerbittlich. Die Brüsseler Behörde besteht darauf, dass Großbritannien alle mit dem EU-Austritt verbundenen Kosten bezahlt - und zwar in Euro. Damit will die Kommission jegliches Währungsrisiko auf das Vereinigte Königreich abwälzen.

Alle Kosten, etwa die Verlagerung von EU-Institutionen nach Kontinentaleuropa, sollen vom Vereinigten Königreich "vollständig abgedeckt" werden. Das betrifft zum Beispiel zwei in London ansässige EU-Organe: die Europäische Bankenaufsicht und die Europäische Arzneimittelagentur. Die britische Regierung hatte die EU zuletzt mit der Forderung provoziert, dass diese Institutionen auch nach einem Brexit in Großbritannien bleiben könnten. Für die EU ist das aber unvorstellbar.

© SZ vom 21.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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