Arbeitsministerin bei Günther Jauch:Von der Leyen und die Stinkefaust

Peer Steinbrück auf Titel des SZ-Magazins; Von der Leyen und Steinbrück

Stinkefinger (rechts) versus Stinkefaust: Peer Steinbrück hatte in Ursula von der Leyen ein prominentes Vorbild.

(Foto: Alfred Steffen; SZ-Magazin)

Jedem seine obszöne Geste: Sechs Jahre vor Steinbrück hat sich Ursula von der Leyen, damals Familienministerin, vor der Kamera des SZ-Magazins zu einer Handbewegung hinreißen lassen, die an eine "Stinkefaust" denken lässt. Deren Bedeutung ist spätestens seit Mark van Bommels Wirken beim FC Bayern bekannt.

Von Michael König, Berlin

Sie haben am Sonntagabend Günther Jauch in der ARD gesehen? Dann ahnen Sie schon, was jetzt kommt: der einzige Moment, in dem einer der Talkshow-Gäste wirklich sprachlos war. Sie haben Jauch nicht gesehen? Dann haben Sie nicht viel verpasst - außer der folgenden Posse.

Offiziell ging es in der Sendung um die Nachwehen der Landtagswahl in Bayern. Inoffiziell darum, welcher der anwesenden Spitzenpolitiker die größte Ausdauer darin beweist, den anderen ins Wort zu fallen. Sigmar Gabriel (SPD), Katrin Göring-Eckardt (Grüne), Daniel Bahr (FDP) und Ursula von der Leyen (CDU) sind am Ende etwa gleichauf, was auch an der Weigerung oder Unfähigkeit Jauchs liegt, seinem Job als Moderator nachzukommen.

Von der Leyen will "nicht weiterdiskutieren"

Einen starken Moment hat er allerdings: Nach etwa 20 Minuten ist die umstrittene Stinkefinger-Geste des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück auf dem Titel des aktuellen SZ Magazins Gegenstand der Debatte. Vor allem konservative Politiker hatten dem SPD-Politiker nach dem Erscheinen des Fotos, mit dem Steinbrück auf die Frage nach abwertenden Spitznamen reagiert hatte, die Eignung abgesprochen, Deutschland zu repräsentieren.

Jauch unterbricht eine entsprechende Äußerung des FDP-Politikers Bahr und fragt Arbeitsministerin von der Leyen, ob "so ein Bild auch von Ihnen denkbar" sei?

Die Bundesarbeitsministerin scheint zu wissen, was nun folgt, und versucht kurzerhand, Jauch die Agenda der Sendung zu diktieren: "Ich würde diese Frage gerne nicht mit Ihnen weiterdiskutieren". Es gehe bei der Bundestagswahl schließlich nicht um "Germany's Next Topmodel".

Bekannt dank Mark van Bommel

Jauch lässt dennoch ein Foto aus dem SZ Magazin einblenden, erschienen am 19. Oktober 2007, also knapp sechs Jahre vor Steinbrücks Stinkefinger. Darauf zu sehen: Ursula von der Leyen, damals noch Familienministerin, wie sie im Interview ohne Worte ebenfalls eine Geste zeigt. Den einen Arm nach vorne gestreckt, während die andere Hand die Ellenbeuge des ausgestreckten Arms berührt.

Diese Geste erinnert an das, was die Franzosen "Bras d'honneur" nennen, den Spaniern ist sie als "corto de manga" bekannt, die Briten verbinden damit den Ausdruck "Up yours" und die Aufforderung, der Gegenüber solle sich, nun ja, etwas wohin stecken.

Es ist eine Abwandlung des Stinkefingers, in seiner Bedeutung nicht weniger obszön. In Deutschland ist der Begriff "Stinkefaust" etabliert, seit Mark van Bommel, Fußballprofi des FC Bayern, die Geste im Februar 2007 gebrauchte, um die Fans von Real Madrid zu schmähen. Spieler und Offizielle der Madrilenen werteten sie damals als schwere Beleidigung, der europäische Fußballverband Uefa sah das genauso und brummte van Bommel eine Geldstrafe und eine Sperrung auf.

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Mark van Bommel gestikuliert 2007 in Madrid.

(Foto: AFP)

Von der Leyen richtete die Geste damals auch noch gegen einen Mann der Kirche. Die entsprechende Frage der Kollegen des SZ Magazins lautete: "Wie sehr hat sie der Vorwurf von Bischof Mixa gekränkt, Sie würden Frauen zu Gebärmaschinen degradieren?" Von der Leyen hatte sich damals für einen Ausbau von Krippenplätzen stark gemacht, was im konservativen Flügel ihrer Partei nicht gut ankam. Der Augsburger Bischof Mixa kritisierte, von der Leyen sei nicht am Kindeswohl oder an der Stärkung der Familie interessiert, sondern sei "vorrangig darauf ausgerichtet, junge Frauen als Arbeitskräftereserve für die Industrie zu rekrutieren".

Bei Günther Jauch, sechs Jahre nach der Faust, sagt von der Leyen nichts dazu. Sie ringt sich ein Lächeln ab, als der Moderator sagt: "Insofern sind Sie ja gar nicht so weit von Herrn Steinbrück entfernt."

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