Süddeutsche Zeitung

Arbeitsminister Jung:Neuer Streit um Jobcenter

Konflikt zwischen Bund und Ländern: Mit seinen Plänen zur Reform der Jobcenter hat Arbeitsminister Jung eine Niederlage erlitten.

Thomas Öchsner, Berlin

Bei der Reform der Jobcenter bahnt sich ein weiterer Konflikt zwischen der Bundesregierung und den Bundesländern an. Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) lehnte am Donnerstag mit großer Mehrheit die Pläne von Bundesarbeitsminister Franz Josef Jung (CDU) ab, ein Kernstück der Arbeitsmarktreformen zurückzudrehen und die knapp sieben Millionen Hartz-IV-Empfänger wieder von zwei verschiedenen Behörden betreuen zu lassen.

In den Jobcentern kümmern sich derzeit Kommunen und Arbeitsagenturen gemeinsam um Langzeitarbeitslose, deren Angehörige und Kinder. Diese "Versorgung aus einer Hand" hatte das Bundesverfassungsgericht als unzulässige "Mischverwaltung" für verfassungswidrig erklärt und bis Ende 2010 eine Neuordnung verlangt.

Die große Koalition wollte die gängige Praxis zunächst mit einer Änderung des Grundgesetzes retten. Alle Länder unterstützten diesen Plan. Der entsprechende Gesetzesentwurf des damaligen Arbeitsministers Olaf Scholz (SPD) scheiterte aber am Widerstand der Unions-Bundestagsfraktion. Es gehe nicht an, das Grundgesetz zu ändern, wenn das höchste Gericht eine Regelung für verfassungswidrig erklärt habe, hieß es zur Begründung.

Nun fordern die Länder erneut, das Grundgesetz zu ändern, um die Versorgung der Langzeitarbeitslosen weiter aus einer Hand gewährleisten zu können. Dies sei, heißt es in dem Beschluss der ASMK, "die fachliche, praktikable und problemadäquate Antwort" auf die Entscheidung der Verfassungsrichter.

Auch die von der Union geführten Länder stimmten dafür, lediglich Baden-Württemberg enthielt sich der Stimme. Im schwarz-gelben Koalitionsvertrag wird eine Änderung des Grundgesetzes dagegen ausdrücklich abgelehnt.

Das Arbeitsministerium plant deshalb, zu zwei getrennten Trägern zurückzukehren: Die Arbeitsagenturen sollen das Geld an die Hilfebedürftigen auszahlen und sich um die Jobvermittlung kümmern. Die Kommunen sollen für die Unterkunftskosten aufkommen und weitere soziale Hilfe leisten. Dies geht aus einem ersten "Eckpunktepapier" des Ministeriums zur Reform des Hartz-IV-Systems hervor.

Gedacht ist dabei auch daran, die Stellung der Arbeitsagenturen zu stärken. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass die Bundesagentur "Risiken auf Länder und Kommunen abwälzt", heißt es in einer Mitteilung der 16 Arbeitsminister. Sie wollen nun mit Jung über das weitere Vorgehen beraten, der beim Umsetzen seiner Pläne auf die Zustimmung des Bundesrats angewiesen ist.

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil sagte der Süddeutschen Zeitung: Das Votum der Länder sei "eine Chance für die schwarz-gelbe Koalition zur Umkehr". Bleibe es bei den Plänen Jungs, würde dies zu "einem Mehr an Bürokratie und massiven Mehrkosten führen". Dies könne nur zu Lasten der Langzeitarbeitslosen und der Mitarbeiter in den Jobcentern gehen.

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SZ vom 27.11.2009/bavo
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