Arbeitsleben:Home-Office belastet die Gesundheit

Wer viel von zu Hause arbeitet, leidet häufiger unter psychischen Problemen als jemand, der täglich ins Büro fährt. Das zeigt eine Studie. Privatleben und Beruf lassen sich dadurch schwerer trennen.

Von Kristiana Ludwig und Henrike Roßbach, Berlin

Wer viel von zu Hause aus arbeitet, leidet häufiger unter psychischen Problemen wie Erschöpfung oder Schlafstörungen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Befragung von etwa 2000 Beschäftigten zwischen 16 und 65 Jahren durch das Wissenschaftliche Institut der AOK-Krankenkassen. Zwar zeigte sich ein Großteil der Befragten mit ihrem Home-Office-Modell zufrieden. Doch die Trennung zwischen Privat- und Berufssphäre löse sich bei Beschäftigten im Home-Office stärker auf als bei solchen, die im Büro arbeiteten, sagte Studienautor Helmut Schröder.

Beschäftigte im Home-Office arbeiten der Studie nach öfter am Abend oder an Wochenenden, ein Fünftel von ihnen berichtet über Anrufe oder E-Mails ihrer Chefs außerhalb der Arbeitszeiten. Von den Mitarbeitern, die täglich in die Firma kommen, kennen das nur knapp sechs Prozent. Auch deshalb klagen Beschäftigte im Home-Office häufiger über Probleme mit der Vereinbarkeit von Freizeit und Beruf.

Fast 75 Prozent der Befragten, die häufig im Home-Office arbeiten, fühlten sich im vergangenen Jahr erschöpft, knapp 70 Prozent klagten über Wut oder Nervosität und Reizbarkeit. Bei den Arbeitnehmern im Büro traf dies dagegen nur auf etwas mehr als die Hälfte zu. Auch unter Niedergeschlagenheit, Konzentrationsproblemen und Selbstzweifeln litten Heimarbeiter häufiger als ihre Kollegen. Zwar habe die Arbeit zu Hause auch Vorteile, so Schröder. Sie helfe vielen Beschäftigten, das Privatleben besser zu organisieren. Doch der Preis sei, dass der private Rückzugsraum und die Erholungszeit schrumpften.

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) warnt in ihren Untersuchungen schon länger vor den Folgen einer Verfügbarkeit von Mitarbeitern über den Feierabend hinaus. Der Gewinn an Autonomie durch flexible Arbeitszeiten und -orte gleiche kaum die negativen Folgen aus. Mehrere Studien deuten laut BAUA darauf hin, dass eine ständige Erreichbarkeit mit einem höheren Stress- und Burn-out-Risiko und gesundheitlichen Beschwerden verbunden ist.

Als Reaktion auf diese Befunde fordern die Grünen nun neue Regelungen für das Home-Office. Die Bundesregierung müsse zügig ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs umsetzen, nach dem Arbeitszeiten künftig erfasst werden müssen, heißt es aus der Fraktion. Zudem müsse es ein Rückkehrrecht ins Büro geben. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, das mobile Arbeiten zu fördern und zu erleichtern. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte noch für dieses Jahr einen entsprechenden rechtlichen Rahmen angekündigt. Am Dienstag hieß es aus Regierungskreisen, dass an einem Gesetzentwurf "intensiv gearbeitet" werde. Diskutiert werde ein Antragsrecht für Arbeitnehmer. Lehnt der Vorgesetzte den Antrag auf Home-Office ab, soll er das begründen müssen.

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