Süddeutsche Zeitung

Verkauf von iPhones:Auf nach Asien

Der Markt in den reichen Ländern ist gesättigt. Der Tech-Riese Apple sieht seine Zukunft nun anderswo: Dort, wo der Konzern seine Produkte schon lange unter fragwürdigen Arbeitsbedingungen fertigt.

Von David Pfeifer

Als die ersten iPhones auf den Markt kamen und damit auch auf die gestärkten Tischdecken der teuren Restaurants von New York bis München, waren sie sofort Statussymbole. Sogenannte Early Adopter legten sie vor sich hin, um darauf angesprochen zu werden. Nützlich mussten sie nur sein, damit man erklären konnte, wieso man so viel Geld dafür ausgab, obwohl man doch schon ein Handy hatte. Sie reihten sich ein in die Welt der Luxusmarken und verrieten seitdem so viel über ihre Käuferinnen und Käufer wie Rolex-Uhren und der Porsche.

Heute noch sind iPhones ein Distinktionsmerkmal, vor allem in Asien, weil sie um ein Vielfaches teurer sind als vergleichbare Konkurrenz-Produkte. Normale Leute kaufen die billigen Geräte aus China, mit den weniger klangvollen Namen Oppo, Vivo, Realme oder Xiaomi. Es ist also bemerkenswert, dass Apple nun seinen ersten Online-Store in Vietnam startet. Die Nachrichtenagentur Reuters strich heraus, dass diese Ankündigung "nur wenige Wochen erfolgt, nachdem das Unternehmen seine ersten Apple-Stores in Indien eröffnet hat".

Apple-Chef Tim Cook reiste im April persönlich nach Mumbai und Delhi, um die Filialen zu eröffnen, zu Musik und Volkstänzen. "Vielen Dank, Premierminister Narendra Modi, für den herzlichen Empfang", twitterte Cook nach seinem Treffen mit dem Regierungschef. "Ein absolutes Vergnügen, Sie zu treffen", zwitscherte Modi zurück. Sogar eine Shop-Eröffnung kann eine politische Aktion sein, in Zeiten von Decoupling und De-Risking.

Indien ist der zweitgrößte Smartphone-Markt

Apple fertigt seine Produkte schon lange unter fragwürdigen Arbeitsbedingungen in Asien und verkauft sie superteuer im Westen. Doch weil Apple seine Lieferketten weg von China diversifizieren will, werden mittlerweile fünf Prozent aller iPhones für den Weltmarkt in Indien produziert, Tendenz steigend. Und auch dass sie nun verstärkt dort angeboten werden, wo sie herkommen, hat globalgesellschaftliche Gründe.

Der Markt in den reichen Ländern ist relativ gesättigt, und er wird kleiner, weil die Bevölkerung abnimmt. In Vietnam jedoch hat sich die Einwohnerzahl seit den 1960er-Jahren von etwa 30 Millionen auf heute mehr als 100 Millionen vervielfacht. Indien wird derzeit zum bevölkerungsreichsten Land der Welt und ist mit 1,4 Milliarden Einwohnern bereits der zweitgrößte Smartphone-Markt. Bislang hat das iPhone dort aber nur einen Marktanteil von unter vier Prozent.

Der Trend geht zur "Premiumisierung"

Wer in Delhi oder Hanoi mit Airpods herumrennt, die so aussehen, als habe man sich die Bürstenköpfe der elektrischen Zahnbürste in die Ohren gehängt, zeigt damit nicht nur, dass er oder sie jederzeit erreichbar sein muss - man präsentiert eben auch ein Statussymbol. Analysten beobachten in diesem Zusammenhang einen wachsenden Trend zur "Premiumisierung" in Schwellenländern, "es gibt eine sichtbare Nachfrage nach hochwertigen Autos, Mobiltelefonen und anderen Luxusgütern, aber die Nachfrage nach Massenkonsumgütern ist nach wie vor gedämpft", konstatierte das Marktforschungsinstitut "India Ratings and Research". Die Reichen geben wieder Geld aus, die Armen werden noch länger mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen haben. Gute Nachrichten für Apple, schlechte für Oppo und Vivo.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5872643
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.