Anzügliche Partyfotos:Berlusconi und die nackten Tatsachen

Die spanische Zeitung El País zeigt anzügliche Fotos aus Berlusconis Villa. Der italienische Regierungschef nennt sie "unschuldig" - will aber trotzdem klagen.

J. Cáceres

Nun sind sie also doch zu sehen, die Fotos, die Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi seinen Landsleuten so gerne vorenthalten hätte.

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(Foto: Foto: AP)

An diesem Freitag veröffentlichte die spanische Zeitung El País fünf Bilder aus dem Archiv des Fotografen Antonello Zappadu, das kürzlich von einem italienischen Staatsanwalt beschlagnahmt worden war - auf Betreiben Berlusconis. Die Begründung: Verletzung der Privatsphäre. Doch wo hört diese auf?

Berlusconi selbst habe dazu beigetragen, die Grenzen zwischen seinem Privat-Imperium und seiner Rolle als Staatsmann zu verwischen, zuletzt Staatsflugzeuge als Partybomber benützt und TV-Schönheiten seiner Fernsehkanäle auf Wahllisten gesetzt, kurzum: "eine Konfusion seiner politischen und privaten Interessen herbeigeführt", argumentiert País-Chefredakteur Javier Moreno. "Nachdem wir Zugang zu den Fotos hatten, haben wir keine fünf Minuten gezögert, sie zu veröffentlichen." Denn: "Dies ist eine öffentliche Angelegenheit."

Entstanden sind die Fotos per Teleobjektiv auf Berlusconis Luxusvilla Certosa auf Sardinien. Die Gesichter der Beteiligten sind - laut El País vom Fotografen selbst - unkenntlich gemacht worden. Bis auf das von Berlusconi. Er ist auf zwei Bildern zu sehen - jeweils in Begleitung von Frauen, die, ihrem Körperbau nach zu urteilen, recht jung sein dürften. Das ist insofern nicht unerheblich, als Berlusconis Ehefrau ihren Gatten bezichtigt, ein Verhältnis zu mindestens einer Minderjährigen gehabt zu haben.

Ein Bild zeigt zwei Damen topless am Pool, auf einem anderen wacht ein Sicherheitsmann mit Maschinenpistole vor der Brust über eine Dame mit wehendem Mantel. Auf dem fünften Bild wiederum ist ein älterer Herr von vorne zu sehen, er nähert sich nackt und wohl mit erigiertem Glied einer Bikini-Schönheit, die sich auf der Sonnenliege räkelt.

Bei dem Mann soll es sich Gerüchten zufolge um einen ausländischen Politiker handeln. "Berlusconi selbst hat erwähnt, dass auf einem der Fotos (der ehemalige tschechische Premier Mirek) Topolanek zu sehen sei", schreibt El País. "Diese Zeitung hat die Identität des nackten Mannes nicht bestätigen können." Topolanek selbst hat erklärt, es gebe keine Fotos, auf denen er nackt zu sehen sei.

Wie El País in Besitz der Fotos gelangt ist, darüber schweigt Chefredakteur Moreno. Über ihren Marktwert ist immerhin bekannt, dass Zappadu der italienischen Zeitschrift Panorama 700 Fotos für 1,5 Millionen Euro angeboten haben soll. Panorama gehört zu Berlusconis Medien-Imperium, Zappadu wurde verklagt. Dass die vornehme, linksliberale El País voranschritt und sie druckte, verleiht der Publikation eine politische Dimension, die sie in Blättern für nackte Tatsachen so wohl nicht gehabt hätte.

"El País hat immer schon die Verquickung der privaten und politischen Interessen Berlusconis angeprangert", sagt Moreno. "Dieser Skandal", so schreibt El País, "entblößt Berlusconi nicht als Bürger, sondern als Politiker." Die Fotos seien ein Beleg dafür, wie Berlusconi "versucht, den Raum der politischen Demokratie in eine simple Ausdehnung seiner Kumpaneien und seines Vergnügens zu verwandeln".

Berlusconis Ansinnen, die eigene Ehefrau (die sich mittlerweile scheiden lassen will) mundtot zu machen, seien ein Beleg für die "autoritäre Drift" Italiens. Rechtliche Konsequenzen fürchte El País nicht, sagt Moreno: "Wir haben uns über kein Verbot hinweggesetzt." Berlusconi nannte die Fotos "unschuldig". Klagen will er dennoch.

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