Anwalt Michael Cohen plaudert:Trumps Wachhund beißt zurück

Former Trump Lawyer Michael Cohen Exits The New York Hotel He Currently Lives In

Donald Trumps ehemaliger Anwalt Michael Cohen in den Straßen von New York.

(Foto: AFP)
  • Michael Cohen, Ex-Anwalt des US-Präsidenten Donald Trump, führt gerade eine Kehrtwende seiner Beziehung zu Trump durch.
  • Galt Cohen noch bis vor kurzem als einer der loyalsten Mitarbeiter Trumps, geht er jetzt mit belastenden Informationen an die Öffentlichkeit.
  • Beobachter spekulieren, dass er sich möglicherweise Sonderermittler Robert Mueller als Zeuge anbieten möchte.

Von Beate Wild, Austin

Es gab Zeiten, da war Michael Cohen sogar bereit, sich "eine Kugel für den Präsidenten einzufangen". Das war im September 2017. Vor einigen Tagen nun hat der ehemalige Anwalt von Donald Trump seinem ehemaligen Boss quasi den Krieg erklärt. Cohen versucht gerade seine Haut zu retten. Oder wie man im Amerikanischen schön bildhaft sagt: Er schmeißt Trump unter den Bus. Will heißen: Lieber kommt der unter die Räder als ich.

Cohen war für Trump das, was man einen "Fixer" nennt: Er räumte die Probleme des New Yorker Milliardärs aus dem Weg. Bislang galt er als loyal. Nun hat er sich überraschend offensiv gegen den Präsidenten gewendet. Am Dienstag ließ sein Anwalt dem Nachrichtensender CNN eine Audio-Aufnahme von einem Gespräch mit Trump aus dem Jahr 2016 zukommen, die Cohen heimlich aufgezeichnet hatte.

COHEN: Und ich habe mit Allen Weisselberg [Finanzchef der Trump-Organisation, Anm.d.Red.] darüber gesprochen, wie wir das ganze Ding arrangieren...

TRUMP: Und, was müssen wir für das bezahlen? 150? (gemeint sind 150 000 Dollar, Anm.d.Red.)

Auf dem Mitschnitt ist zu hören, wie Trump und Cohen sich über den Rechtekauf an einer Geschichte mit Karen McDougal, einem Playboy-Model aus den 90ern, unterhalten. Sie gibt an, 2006 knapp ein Jahr lang eine Affäre mit Trump gehabt zu haben.

Was wusste Trump über das Schweigegeld?

Das Magazin The National Enquirer zahlte McDougal kurz vor der Präsidentschaftswahl 150 000 Dollar für die Rechte an dieser Geschichte - und hielt dann den Bericht zurück. Trump ist mit dem Geschäftsführer des Magazin-Konzerns, David Pecker, befreundet. Auch auf dem Band erwähnt Cohen einen gewissen "David".

COHEN: Ich hab mit Allen darüber gesprochen, wenn die Zeit für die Finanzierung kommt, die ...

TRUMP: Warte eine Sekunde, welche Finanzierung?

COHEN: Nun, ich muss ihm etwas bezahlen.

TRUMP: [unverständlich] zahl in bar ...

COHEN: Nein, nein, nein, nein, nein. Ich hab' verstanden.

TRUMP: ... Scheck.

Die Aufnahme ist unvollständig und wird deshalb unterschiedlich interpretiert. Die progressiven US-Medien jedenfalls sehen die Aufnahme als Beweis dafür, dass Trump sehr wohl Bescheid wusste, dass Frauen, die behaupteten Ex-Geliebte zu sein, Schweigegeld bezahlt wurde. Dass er offenbar "in bar" zahlen wollte, sehen Trump-Kritiker als Indiz dafür, dass er die Zahlungen verschleiern wollte. Sollten diese Ausgaben heimlich und aus dem Topf von Trumps Wahlkampfteam finanziert worden sein, wäre das strafrechtlich relevant, da damit wohl Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verletzt worden wären.

Trump empörte sich wie immer bei Twitter: "Was für ein Anwalt würde seinen Mandanten aufnehmen? So traurig! Passiert das zum ersten Mal, habe ich vorher noch nie gehört?" Und dann: "Warum ist die Aufnahme so abrupt beendet (abgeschnitten) worden, während ich vermutlich positive Dinge gesagt habe?"

Billigte Trump das Treffen mit den Russen?

Doch damit nicht genug. Cohen war offensichtlich noch nicht fertig mit seiner Attacke auf Trump. Am Donnerstag legte der Anwalt nach. Gleich zwei Sender, NBC und wieder CNN, der von Trump so sehr verhasste und als "Fake News" geschmähte Sender, berichteten: Cohen behaupte, Trump habe vom Treffen mit den Russen im Juni 2016 im Trump Tower gewusst.

Bei besagter Zusammenkunft waren auch Trump-Sohn Donald Jr., der mittlerweile in Untersuchungshaft sitzende Wahlkampfmanager Paul Manafort sowie Trump-Schwiegersohn Jared Kushner anwesend. Das Trump-Team soll sich von dem Meeting kompromittierendes Material über Hillary Clinton erhofft haben. Cohen behauptet nun, er sei dabei gewesen, als Donald Jr. seinen Vater über das Angebot der Russen informiert habe. Trump habe zugestimmt.

Beweise hat Cohen dafür keine, und Trump bestreitet die Darstellung. "... ich habe NICHT von dem Treffen mit meinem Sohn Don jr. gewusst. Klingt für mich als würde jemand versuchen, Geschichten zu erfinden, um sich aus einem anderen Schlamassel herauszubringen (Taxis vielleicht?)", twitterte der Präsident am Freitag.

Giuliani: "Er lügt seit Jahren."

Die Anspielung auf die Taxi-Geschäfte von Cohen ist eine absichtliche Spitze: Bei der FBI-Razzia der Anwaltsbüros im April waren die Ermittler nicht nur auf der Suche nach Schmiergeld-Beweisen in der Causa Trump. Sie fahndeten auch nach illegalen Aktivitäten bei Cohens Taxi-Geschäften in New York.

Die Fragen, die sich jetzt alle stellen: Was bezweckt Cohen genau mit seinen Veröffentlichungen? Signalisiert er gerade Sonderermittler Robert Mueller, dass er zu plaudern bereit ist? Will er sich an Trump rächen? Ist das ein verzweifelter Versuch, seine Würde zurückzugewinnen? Ist das erst Cohens Eröffnungsschachzug? Was wird noch alles kommen? Und wie gefährlich ist der Anwalt für den US-Präsidenten wirklich?

Jahrelang inszenierte sich Cohen als Trumps loyaler Wachhund. Auch nach der FBI-Razzia bei Cohen blieb er dem Präsidenten noch treu ergeben. Anfang Juli dann die erste Wende. Dem TV-Sender ABC sagte Cohen, er wolle nicht länger der "Prügelknabe" sein. "Ich bin in dieser Geschichte nicht der Bösewicht. Und ich werde anderen nicht erlauben, mich als solchen hinzustellen."

Trumps anderer Rechtsbeistand Rudy Giuliani hatte im Mai noch geschwärmt, Cohen sei "ein ehrlicher und ehrenwerter Anwalt". Nun erklärte Giuliani im Interview mit CNN zu den neuen Entwicklungen: "So etwas habe ich schon lange von Cohen erwartet. Er hat schon die ganze Woche gelogen. Er lügt seit Jahren."

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