Antworten der Justiz:Anweisung vom Ministerium

Entscheidung im Fall Sami A.

„Hier wurden offensichtlich die Grenzen des Rechtsstaates ausgetestet“. Die Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts Münster, Ricarda Brandts, rügt die Politiker.

(Foto: Bernd Thissen/dpa)

Wie das Oberverwaltungsgericht Münster im Fall des nach Tunesien abgeschobenen Islamisten Sami A. argumentiert.

Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat zum Beschluss im Fall Sami A. (Aktenzeichen: 17 B 1029/18) auch noch einige Antworten auf drängende Fragen geliefert. Hier einige Auszüge:

Warum hat das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen nicht schneller gehandelt und seinen Beschluss vom Abend des 12. Juli erst am Morgen des 13. Juli bekannt gegeben?

Das Gericht wusste nicht, dass die Abschiebung unmittelbar bevorstand. Es hat nach der Aussage des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zur Stornierung des Flugs für den 12. Juli 2018 (Abflugzeit 22.15 Uhr) berechtigterweise angenommen, dass keine Notwendigkeit zu sofortigem Handeln besteht. Der zu diesem Zeitpunkt bereits feststehende, lediglich knapp neun Stunden später angesetzte weitere Flugtermin am 13. Juli 2018, 6.30 Uhr, ist dem VG - trotz dessen Nachfragen - nicht genannt worden. Das Gericht ist deshalb davon ausgegangen, dass die Übermittlung des Beschlusses am Morgen des 13. Juli rechtzeitig sein würde.

Warum wurde das VG nicht über den Flug am 13. Juli informiert?

Das VG hatte das Bamf in dem anhängigen asylrechtlichen Verfahren mehrfach um entsprechende Informationen gebeten. Zwar darf nach dem Aufenthaltsgesetz der Ausländer über den Abschiebetermin nicht informiert werden. Deshalb nennen die Behörden vielfach auch dem Gericht nicht den konkreten Abschiebetermin. Üblich ist in solchen Fällen aber eine Stillhaltezusage, etwa der Art, dass dem Gericht mitgeteilt wird, es werde nicht vor einem bestimmten Datum abgeschoben. (. . .) Eine solche Zusage haben hier weder die Ausländerbehörde noch das Bamf erteilt. Das Bamf hatte am 12. Juli gegenüber dem VG per Schriftsatz erklärt, im Falle einer bevorstehenden Rückführung stehe Sami A. ein gesonderter Antrag auf Eilrechtsschutz offen. Daher werde die vom VG erbetene "Stillhaltezusage nicht für erforderlich erachtet." Im Übrigen hatte das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration gegenüber der Ausländerbehörde die Anweisung ausgegeben, weder Sami A. noch das Gericht über das Datum der Rückführung zu informieren.

Hätte die Ausländerbehörde die Entscheidung am Morgen des 13. Juli berücksichtigen müssen, obwohl sich das Flugzeug bereits in der Luft befand?

Ja. Nicht der Beginn der Abschiebung, sondern deren Beendigung ist der maßgebliche Zeitpunkt. (. . .) Rechtlich kommt es vielmehr darauf an, ob die Abschiebung zum Zeitpunkt des Zugangs der Entscheidung beim Bamf abgeschlossen war. Hier war die Abschiebung aber erst mit Übergabe des Sami A. an die Behörden des Zielstaates beendet.

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