Ritualmorde
Die Ritualmordlegende ist eines der ältesten judenfeindlichen Gerüchte. Ursprünglich ist sie nicht antisemitisch, sondern antijudaistisch - der Hass wendet sich nicht gegen Juden als "Rasse" (wie später bei den Nazis), sondern als Glaubensgemeinschaft. Der Antijudaismus war besonders im Mittelalter verbreitet.
Die Legende besagt, dass ein christlicher Knabe einmal jährlich während der Osterzeit von Juden geopfert werde - aus Hass auf Jesus Christus. Später wurde sie um die Behauptung ausgeweitet, sie würden das Blut ihrer Opfer trinken. Ungeklärte Todesfälle nutzte man im Mittelalter immer wieder zum Vorwand für antijüdische Pogrome.
Auch die Nazis übernahmen das Motiv der Ritualmorde für ihre Hetze. Julius Streicher, der Herausgeber der antisemtischen Wochenzeitung Der Stürmer, verarbeitete es in Karikaturen, in denen die Juden als "Blutsauger" verunglimpft wurden. Fand man Leichen von Kindern - wie 1929 die des Jungen Karl Kessler in Unterfranken - wurden sie schnell verdächtigt, diese getötet zu haben.
Wie gefährlich die Gerüchte für die Juden auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch waren, zeigt das Beispiel des Pogroms von Kielce in Polen. Eigentlich wollten die polnischen Juden, die den Holocaust überlebt haben, von vorne anfangen. Doch schon ein Jahr nach Kriegsende löste ein Gerücht über ein getötetes christliches Kind eine Gewaltwelle aus, bei der mehr als 40 jüdische Bürger getötet wurden.