Lady Di im verminten Gelände. Die britische Prinzessin war im Januar 1997 auf Einladung des Roten Kreuzes nach Angola gereist und stapfte nun in Schutzmontur durch ein Minenfeld, dort entlang, wo Experten einen Streifen von den Sprengkörpern freigeräumt hatten. Diana zeigte sich entschlossen, ihre Popularität für den guten Zweck zu nutzen: das Verbot von Antipersonenminen, jenen perfiden Waffen, die Jahr für Jahr Tausende Opfer forderten, meistens Zivilisten.
Die Bilder gingen um die Welt, sie schienen ihre Wirkung nicht zu verfehlen. Diana selbst starb wenige Monate später bei einem Autounfall in Paris, den Erfolg der Anti-Minen-Kampagne erlebte sie nicht mehr: Das Ottawa-Abkommen von 1999 gilt als wichtige Wegmarke des humanitären Völkerrechts. Es verbietet Staaten, Antipersonenminen herzustellen, zu lagern oder zu verbreiten, außerdem verpflichtet es Mitglieder zur Hilfe für die Opfer. Mehr als 160 Staaten sind dem Vertrag beigetreten. Allerdings verweigern einige große Staaten ihre Unterschrift: Darunter sind Indien und Pakistan, Russland, China und die USA.
Die Ottawa-Konvention zeigt, was eine engagierte Staatengemeinschaft rechtlich und politisch leisten kann, um sinnloses Leid einzudämmen, einerseits. Andererseits werden noch immer – und zuletzt in wachsender Zahl – Antipersonenminen an verschiedenen Fronten eingesetzt. Die Sprengsätze töten und verstümmeln wahllos Menschen, und das noch Jahrzehnte nach Ende eines Krieges. Nicht selten sind die Opfer Kinder.
Russland hat Landminen auch in der Ukraine eingesetzt
2023 starben 5757 Menschen durch Landminen oder andere explosive Überreste, so dokumentiert es der Bericht des Netzwerks „Internationale Kampagne für das Verbot von Landminen“. Besonders hoch war die Zahl der Opfer in Myanmar, allein dort starben mehr als 1000 Menschen. Die Regime in Iran und Nordkorea sichern ihre Grenzen weiterhin mit Minen, aber auch viele nicht staatliche Gruppen verlegten die Sprengsätze 2023 und 2024, in der Sahelzone, in Kolumbien, Indien, Pakistan und in Gaza.
Verstörend ist bei diesem Thema auch die Rolle Russlands. Der Angriffskrieg gegen die Ukraine hat „zu einer beispiellosen Situation geführt“, heißt es im jüngsten Minenreport. Russland hat den Minenverbotsvertrag nicht unterzeichnet und setzt die Waffe nun in großen Mengen gegen die Ukraine ein, ein Land, das anders als Moskau dem Ottawa-Abkommen zugestimmt hat. Auch Kiew nutzt Minen in diesem aufgezwungenen Krieg, das Land ist damit vertragsbrüchig, kämpft aber eben um nichts weniger als seine Existenz.
Die Vorstöße der russischen Armee haben eine Dynamik in Gang gesetzt, die Vertreter der Antiminenkampagnen entsetzt: Ende November zog die US-Regierung von Joe Biden scharfe Kritik auf sich, als bekannt wurde, dass Washington der Ukraine neuerdings Antipersonenminen liefern will. Sie sollen den Vormarsch russischer Truppen bremsen.
Ein solcher Schritt markiere „einen dramatischen Bruch mit der bisherigen US-Politik“, kritisiert die Organisation Handicap International (HI), die sich weltweit für Minenopfer einsetzt. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin rechtfertigte den Schritt hingegen mit dem Bedarf der Ukrainer und einer wechselnden Taktik des russischen Militärs, das nun häufiger in kleineren Verbänden zu Fuß vorrücke, vor den eigenen Panzern. Die ukrainische Armee brauche Mittel, um solche Vorstöße zu verlangsamen, machte Austin deutlich.
Obwohl die USA dem Minenverbotsvertrag nie beigetreten sind, haben sie laut der Organisation HI seit den frühen Neunzigerjahren keine Antipersonenminen mehr eingesetzt und exportiert. Zudem ließ Washington Millionen gelagerte Minen im Laufe der Jahre vernichten.
Angola sollte 2013 minenfrei sein – es ist es noch immer nicht
Die Not der Ukrainer mit dem russischen Vormarsch ist offenkundig. Doch verweisen Minenexperten darauf, welch hohe Last künftige Generationen zu tragen haben, wenn ihre Länder massiv von Minen verseucht sind. Angeblich wollen die USA diesem Problem auch damit begegnen, dass die neueren Sprengsätze – anders als konventionelle Minen – mittels einer Batterie zünden. Ist diese aufgebraucht, soll der Sprengsatz nicht mehr explodieren können.
Die Skepsis vor unkalkulierbaren Risiken bleibt. Und die Erfahrungen mit nicht geräumten Minen in anderen Ländern sind verheerend. Beispiel Angola, das Lady Di einst ins Scheinwerferlicht rückte: Der afrikanische Staat zählt zu jenen Ländern, die am stärksten unter dem explosiven Erbe zu leiden haben. Genaue Zahlen über Todesopfer gibt es dort zwar nicht. Aber eine Erhebung, die allerdings schon zehn Jahre alt ist, deutet das Ausmaß der Gefahr an: Demnach lebten damals 88 000 Angolaner mit Verstümmelungen, die durch Minen verursacht waren.
Wie schwer es fällt, das Erbe eines 27 Jahre dauernden Konflikts aus der Ära des Kalten Krieges zu beseitigen, zeigen auch die wiederholten Verzögerungen bei der Räumung der Sprengsätze, häufig wegen fehlender finanzieller Mittel. Angola sollte nach den ursprünglichen Plänen schon 2013 von Minen befreit sein. Inzwischen ist die Zielmarke bis in das Jahr 2028 verschoben. Und so leben viele Angolaner noch immer mit der täglichen Angst, dass der Tod irgendwo unter der roten Erde steckt.

