Anti-Terror-Krieg in Pakistan:Spiel mit hohem Risiko

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Die USA weiten ihre Angriffe auf Al-Qaida-Terroristen auf pakistanisches Staatsgebiet aus - ein Schritt mit fahrlässig hohen Risiken.

Stefan Kornelius

Pünktlich zum 11. September, sieben Jahre nach den Anschlägen von New York, wenden sich die USA wieder einmal dem Kern des islamistischen Terrors zu: Osama bin Laden und der erstarkenden al-Qaida im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet.

"Fahrlässig hohe Risiken": Ein US-Soldat zwischen Pakistan und Afghanistan (Foto: Foto: ddp)

Da mögen kanadische Truppen im Süden Afghanistans kämpfen und deutsche Soldaten im Norden die Zahl der Raketeneinschläge notieren - der Brandherd liegt in den pakistanischen Stammesgebieten. Afghanistan wird nicht zu befrieden sein, solange al-Qaida und die Taliban in diesem Niemandsland ihre Vorstellung von einer islamistischen Gesellschaft durchsetzen und Gewalt nach außen tragen können.

Freilich liegt über der amerikanischen Strategie noch lange kein Segen. Die Risiken sind im Gegenteil geradezu fahrlässig hoch. Nicht weniger als die Stabilität der Nuklearmacht Pakistan steht auf dem Spiel.

Im Licht wachsender Spannungen mit Indien ist die pakistanische Führung so angreifbar wie seit Jahren nicht mehr. Washington legt dem gerade gewählten neuen Präsidenten in Islamabad eine neue Bürde auf. Er wird sie nicht tragen können.

Wenn der Druck auf die Islamisten in den Stammesgebieten wächst, werden sie erfahrungsgemäß ausweichen. So sind sie bereits aus Afghanistan nach Waziristan geflohen, so werden sie die Schläge in Waziristan mehr oder weniger parieren und im Zweifel zurückweichen in die Städte und Regionen, in denen zwar der pakistanische Sicherheitsapparat die Kontrolle hält, in denen sich aber auch ein Leben im Untergrund führen lässt.

Die Strategie, von George W. Bush gebilligt, würde also nur Sinn machen, wenn sie von Pakistan gegengezeichnet würde, wenn die pakistanische Armee ihrerseits bereit wäre zu einer machtvollen Offensive in den Stammesgebieten. Dafür aber gibt es keine Hoffnung.

Am Ende des siebten Kriegsjahres in Afghanistan ist somit der dritte bedeutende Strategiewechsel zu verzeichnen. Nach der Einnahme Kabuls und der Etablierung einer Zentralmacht sind die Nato-Truppen in die Provinzen ausgeschwärmt, haben sich gar den schwierigen Süden vorgenommen. Diese zweite Phase ist bisher von wechselhaftem Erfolg gekennzeichnet. Die amerikanische Pakistan-Front führt den Krieg nun in die nächste Dimension, die militärisch zwar folgerichtig erscheint, politisch aber einem Hochrisiko-Spiel gleicht.

Erstens ist es unwahrscheinlich, dass die Verbündeten die Ausdehnung der Kampfhandlungen nach Pakistan gebilligt haben und militärisch gut heißen. Mitgefangen aber sind sie. Zweitens liefern sich die USA den inneren Zwängen der pakistanischen Regierung aus. Solange diese dem Druck aus dem Volk standhält, wird die Strategie funktionieren. Überreizt Washington das Spiel aber, könnte es nicht nur zu Chaos und einem Zusammenbruch der Autorität in Pakistan kommen, sondern auch zu einem Instabilitäts-Domino in der gesamten Region - von Afghanistan bis Kaschmir.

© SZ vom 12.09.2008/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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