Anschlagsserie auf Bahn:SPD warnt vor Panikmache

Mindestens 15 Brandsätze wurden bislang an Bahngleisen im Großraum Berlin gefunden. Während die Bundesanwaltschaft ermittelt, beschwört die CSU eine terroristische Bedrohung herauf. Die SPD aber will von RAF-Vergleichen nichts wissen und mahnt, den Verstand nicht auszuschalten.

Daniel Brössler, Berlin

Nach immer neuen Funden von Brandsätzen an Bahngleisen im Großraum Berlin hat die Bundesanwaltschaft am Mittwoch den Fall an sich gezogen. Wegen des Vorwurfs der verfassungsfeindlichen Sabotage und anderer Straftaten beauftragte sie das Bundeskriminalamt mit weiteren Ermittlungen gegen die bislang unbekannten Täter.

Gezuendeter Brandsatz an der Bahnstrecke Berlin-Hamburg gefunden

Ein Polizist stellt Teile eines Brandsatzes sicher. Mittlerweile hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen an sich gezogen.

(Foto: dapd)

Ausschlaggebend sei das mittlerweile bekannte Ausmaß der versuchten Angriffe auf die Bahn, sagte ein Sprecher. Von Montag bis Mittwoch wurden mindestens 15 Brandsätze an sieben Stellen in der Hauptstadt und ihrem Umland gefunden. Aufgrund eines Bekennerschreibens werden als Urheber Linksextreme vermutet.

Das Eingreifen der Bundesanwaltschaft bedeutet allerdings nicht, dass diese zwingend von einem politischen oder gar terroristischen Hintergrund ausgeht. Verfassungsfeindliche Sabotage liegt nach dem Strafgesetzbuch bei "Störhandlungen" gegen die Infrastruktur vor oder bei "Bestrebungen gegen den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland" sowie ihre Verfassungsgrundsätze. Geahndet wird sie mit bis zu fünf Jahren Gefängnis. Für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, setzte die Bahn eine Belohnung in Höhe von 100.000 Euro aus.

In der Bundespolitik entfachten die Brandsätze eine Diskussion über linksextremistische Gewalt. "Durch die versuchten Brandanschläge wird meine Sorge um den zunehmenden Linksextremismus leider bestätigt", sagte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Sein Parteifreund, Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), betonte: "Egal, ob diese Anschläge vom Linksterrorismus oder vom Rechtsterrorismus kommen, bleibt es dabei, dass dies in meinen Augen verbrecherische, terroristische Anschläge sind, die in eine neue Dimension hineingehen." Ziel sei es offensichtlich, mit den Bahnstrecken die städtische Infrastruktur zu bedrohen und damit möglichst viele Menschen zu treffen.

Vergleich mit der RAF verbietet sich

Die Opposition warnte vor Panikmache. "Das hat mit Terrorismus nichts zu tun. Bei aller berechtigten Empörung darf man den Verstand nicht ausschalten", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Dieter Wiefelspütz, der Süddeutschen Zeitung. Es gehe nicht darum, die gefährlichen Brandsätze zu verharmlosen. Ein Vergleich etwa mit der RAF verbiete sich aber. Diese habe "Krieg gegen die Spitzen des Staates geführt". Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte, er gehe "nicht davon aus, dass uns hier ein neuer Linksterrorismus droht". Es sei aber "ein furchtbarer Zustand, dass Menschen andere Menschen gefährden".

Im Internet hatte sich ein "Hekla-Empfangskomitee - Initiative für mehr gesellschaftliche Eruptionen" zu den Sabotageakten bekannt. Unklar war zunächst, ob die Täter immer neue Brandsätze deponiert haben oder ob diese erst nach und nach gefunden wurden. Innenminister Friedrich ordnete an, die Streifen der Bundespolizei auf den Bahnanlagen im Großraum Berlin zu verstärken. Zudem würden Hubschrauber eingesetzt, kündigte er an.

Wegen der Brandsätze kam es auch am Mittwoch wieder zu starken Einschränkungen im Bahnverkehr. Das galt insbesondere für die Strecke Berlin-Hamburg und für die Strecke Berlin-Hannover-Frankfurt.

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