Anschlag von Ankara:Zahl der Toten steigt auf fast 100

Anschlag von Ankara: Die türkische Polizei bei der Spurensicherung am Ort des Anschlages in Ankara.

Die türkische Polizei bei der Spurensicherung am Ort des Anschlages in Ankara.

(Foto: AP)

Was über das Attentat bekannt ist und worüber derzeit noch spekuliert wird. Die neuesten Entwicklungen im Überblick.

Was über den Anschlag in der Türkei bekannt ist

  • Um 10.04 türkischer Zeit am Samstagmorgen (9.04 mitteleuropäischer Zeit) explodierten kurz hintereinander zwei Sprengsätze nahe des Hauptbahnhofs von Ankara.
  • Die Bomben explodierten kurz vor Beginn einer Kundgebung, bei der gegen den Konflikt zwischen Regierungstruppen und Kurden im Südosten der Türkei protestiert werden sollte. Zu der regierungskritischen Demonstration hatten Friedensaktivisten und linke Organisationen aufgerufen.
  • Es ist das schwerste Attentat in der jüngeren Geschichte des Landes.Nach Regierungsangaben sind 95 Menschen getötet und 246 weitere verletzt worden

Was derzeit noch unsicher ist

  • Täter: Noch ist unklar, wer für den Anschlag verantwortlich ist. Bisher hat sich keine Gruppe dazu bekannt. Nach Angaben des türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu ermittelt die Regierung derzeit in drei Richtungen: Als mögliche Urheber des Anschlags nannte der Regierungschef die Terrormiliz Islamischer Staat (IS), die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK oder zwei linksextremistische Gruppen. Anschläge der PKK auf eine pro-kurdische Demonstration wie die in Ankara erscheinen allerdings extrem unwahrscheinlich.
  • Art des Anschlages: Zwar hat Ministerpräsident Davutoglu bereits gesagt, dass es "sehr starke Hinweise" darauf gebe, dass der Anschlag "von zwei Selbstmordattentätern verübt worden ist." Sicher ist das jedoch nicht.

Reaktionen in der Türkei

  • Auswirkungen auf den Wahlkampf: Der Wahlkampf für die am 1. November angesetzte Parlamentswahl wird unterbrochen. Die Regierung ist am Nachmittag zu einer Krisensitzung zusammengekommen und hat eine dreitätige Staatstrauer ausgerufen.
  • Stimmen aus der regierenden AKP-Partei: Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan versprach eine schnelle Aufklärung der Hintergründe und sagte: "Ich verurteile diesen abscheulichen Angriff zutiefst, dessen Ziel die Einheit, Solidarität und der Frieden unseres Landes gewesen ist." Innenminister Selami Altinok sprach von einem "Terrorakt" gegen den Staat, die Demokratie und das türkische Volk. Er wies Vorwürfe zurück, die Sicherheitskräfte hätten die Demonstration nicht genügend abgesichert, und lehnte einen Rücktritt ab.
  • Kritik der Opposition: Der Ko-Vorsitzende der HDP, Selahattin Demirtas, machte die islamisch-konservative Staatsführung für die Tat verantwortlich. "Das ist kein Angriff auf die Einheit unseres Landes oder dergleichen, sondern ein Angriff des Staates auf das Volk", sagte er.
  • Demonstrationen in mehreren türkischen Städten: Am Samstagabend demonstrierten in Istanbul Tausende Menschen gegen die Regierung. Auch in der mehrheitlich von Kurden bewohnten Stadt Diyarbakır im Südosten des Landes und in Ankara selbst gab es Proteste.

Reaktionen aus dem Ausland

  • Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den verheerenden Anschlag scharf verurteilt und ihr Mitgefühl ausgedrückt. Wenn sich bestätigen sollte, dass die Täter Terroristen waren, dann handele es sich "um besonders feige Akte, die unmittelbar gegen Bürgerrechte, Demokratie und Frieden gerichtet sind", schrieb die Kanzlerin dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu. Vizekanzler Sigmar Gabriel sprach von einem entsetzlichen Attentat, das viele Menschen auch in Deutschland berühre. Es gelte jetzt, "im Kampf gegen solche Bombenleger" erfolgreicher zu werden, sagte er im Sender n-tv. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte: "Dieser brutale Terroranschlag auf friedliche Demonstranten ist zugleich auch ein Angriff auf den demokratischen Prozess in der Türkei." Die Täter wollten offensichtlich vor den Wahlen ein Klima der Angst schüren
  • Von der US-Regierung hießt es, die Tatsache, dass sich der Angriff gegen eine Friedenskundgebung gerichtet habe, mache die Niedertracht der Täter deutlich, sagte Ned price, der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates im Weißen Haus. Er betonte, die USA würden weiter Seite an Seite mit der türkischen Regierung und dem türkischen Volk gegen den Terror ankämpfen.
  • Auch der russische Präsident Wladimir Putin sprach Erdogan sein Beileid aus. Im Kampf gegen den Terror müsse man alle regionalen und überregionalen Anstrengungen vereinen, hieß es aus dem russischen Außenministerium in Moskau. Vorübergehende Einzelinteressen müssten außen vor bleiben. Die Türkei hat Russland wegen der Luftangriffe in Syrien scharf kritisiert.
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