Anschlag in Stockholm:Polizei sucht nach den Hintermännern

Der Attentäter von Stockholm hatte offenbar doch Helfer: Der missglückte Anschlag sei "gut vorbereitet" gewesen, teilen die schwedischen Behörden mit. Nur eine zu früh detonierte Bombe habe Schlimmeres verhindert.

Das Foto zeigt einen Mann in schwarzer, westlicher Kleidung, mit Sonnenbrille, die Hände stecken lässig in den Jackentaschen. "Das ist unser Bruder, der die Märtyrer-Tat in Stockholm vollbracht hat", heißt es auf der islamistischen Webseite Schumuch el Islam. Inzwischen haben die schwedischen Behörden den mutmaßlichen Attentäter identifiziert. Es handele sich zu "98 Prozent" um Taimur A., den Mann auf dem Foto.

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Schäden nach dem Anschlag in der Stockholmer Innenstadt: Offenbar hat eine zu früh detonierte Bombe Schlimmeres verhindert.

(Foto: AFP)

Der 28-Jährige sei seit 1992 schwedischer Staatsangehöriger gewesen und habe Wurzeln im Nahen Osten gehabt. Auch das Auto, in dem die erste Bombe am Samstag explodierte, sei auf seinen Namen registriert. Es habe bisher jedoch keinen DNS-Abgleich gegeben, auch sei die Leiche des Mannes noch nicht von seinen Angehörigen identifiziert worden. Der Mann sei den schwedischen Sicherheitsbehörden zuvor nicht bekannt gewesen, sagte der zuständige Staatsanwalt Thomas Lindstrand.

Inzwischen gehen die Behörden außerdem davon aus, dass Taimur A. Helfer hatte, denn: Auch wenn das Attentat fehlgeschlagen sei, sei es "gut vorbereitet" gewesen, teilte Lindstrand mit. Konkrete Verdächtige gebe es aber noch keine.

Der Attentäter hatte sich am Samstagnachmittag im Stadtzentrum von Stockholm in die Luft gesprengt. Er war sofort tot. Einen Rucksack hatte er mit Nägeln und weiterem Sprengstoff gefüllt. Kurz zuvor war nicht weit entfernt ein Auto explodiert. In seinem Abschiedstext erklärte der Mann, dass er sich bei einem Aufenthalt im Nahen Osten für den Dschihad ("Heiligen Krieg") habe ausbilden lassen.

Lindstrand sagte, dass der Anschlag aus Sicht des Attentäters misslungen sei: "Er muss wohl irgendwelche Fehler gemacht haben, so dass eine der Bomben an seinem Körper zu früh detoniert ist." Der Mann sei "mit Sprengstoff sehr gut ausgerüstet gewesen", so dass man als Ziel den Tod vieler Menschen annehmen müsse. Als mögliche Orte für die eigentlich geplante Explosion nannte der Staatsanwalt den Stockholmer Hauptbahnhof oder das Kaufhaus Åhléns.

Der mutmaßliche Selbstmordattentäter von Stockholm nahm vor seiner Tat in einer E-Mail Bezug auf den Dschihad und den Einsatz schwedischer Soldaten in Afghanistan. Das bestätigte die schwedische Sicherheitspolizei. Nach Angaben der schwedischen Nachrichtenagentur TT war dort etwa zehn Minuten vor dem Anschlag am Samstag eine E-Mail mit einer Drohung eingegangen, die auf einen islamistischen Hintergrund schließen ließ. Bei dem Absender der Nachricht und dem später bei einem Selbstmordanschlag getöteten Mann handele es sich um ein und dieselbe Person, teilte eine Sprecherin der schwedischen Polizei mit.

Er soll zudem an der Universität von Bredfordshire studiert und mit seiner Frau und drei Kindern im britischen Luton nördlich von London gelebt haben. Die britische Polizei durchsuchte in der Nacht zum Montag die Wohnung in Luton. Scotland Yard teilte mit, dass es keine Festnahmen gegeben habe. Auch habe man kein gefährliches Material sichergestellt, berichtete die Nachrichtenagentur PA.

Suche nach Zweitfrau per Inserat

Nach Angaben von Schwedens größter Zeitung Aftonbladet war der Attentäter 1992 mit seinen Eltern nach Schweden gekommen. Nach dem Abitur begann er 2001 das Studium in Großbritannien und soll sich radikalislamistischen Gruppen in Luton angeschlossen haben. Die Stadt hat einen hohen muslimischen Bevölkerungsanteil. Am Lutoner Bahnhof hatten sich auch die Attentäter vom 7. Juli 2005 versammelt, bevor sie zu ihren Anschlägen auf die Londoner U-Bahn und einen Linienbus starteten. Dabei starben 52 Menschen.

Völlig unklar blieben mögliche Verbindungen des Selbstmordattentäters zum Terrornetz al-Qaida, zu dem er sich auch in Facebook-Mitteilungen bekannte. Details aus dem Lebenslauf des 28-Jährigen aber lassen darauf schließen, dass er nicht im Irak indoktriniert wurde, sondern in Islamisten-Zirkeln in Europa.

Aftonbladet zitierte aus einer Kontaktanzeige in einer Dating-Site für Muslime, in der der Mann nach einer Zweitfrau suchte. Darin kündigte er auch an, dass er in ein arabisches Land umziehen wolle. Wenige Minuten vor den beiden Explosionen hatte er in einer Erklärung an die Polizei und die Nachrichtenagentur TT seine Familie um Verzeihung gebeten, weil er ihnen nicht die Wahrheit über die Trainungsaufenthalte für Terroranschläge im Ausland gesagt habe.

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