Anschlag in London:Eine Gewöhnung darf es nicht geben

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Terrorismus wird allerdings nicht besser, nur weil er in geringer Dosierung vorkommt oder mit weniger Furcht einflößenden Methoden sein Ziel verfolgt. Außerdem gilt: Ein wirklicher monströser Anschlag mit enormen Opferzahlen wie etwa in den USA am 11. September 2001 kann nach wie vor eine Gesellschaft bis ins Mark erschüttern und unberechenbar werden lassen. Das ist exakt die Sorge, die jeden Sicherheitsexperten in diesem Wahljahr umtreiben muss. Ein Großanschlag vor der Wahl in Frankreich kann die Abstimmung maßgeblich verändern und damit das Schicksal Europas.

Auch deswegen darf es eine Gewöhnung an den Terror nicht geben. Die Bedrohung muss beendet werden - entweder, indem die Täter die Sinnlosigkeit ihrer Anschläge erkennen, was ein vermutlich nicht existierendes Maß an Rationalität voraussetzt. Oder indem Gesellschaft und Sicherheitsbehörden die letzten Terror-Biotope gänzlich unwirtlich machen.

Den sehr abgeklärten Umgang mit der Terrorbedrohung ermöglichen letztlich auch die Sicherheitsbehörden, die in den vergangenen Jahren viele Attentate vereitelt und die Szene gut kartografiert und in die Enge getrieben haben. Sie sind am Ende vielleicht machtlos bei einem Attentäter, der sich in ein Auto setzt und, wie nun in Antwerpen, durch eine Fußgängerzone rast. Sie sind aber dazu fähig, diesen Attentäter in seinem radikalen Umfeld zu erkennen, zu isolieren und vielleicht sogar strafrechtlich zu verfolgen.

Wie in Berlin, so war wohl auch der Attentäter von London einschlägig bekannt. Das zeugt von der tiefen Durchdringung der extremistischen Szene, es offenbart aber auch Defizite der Strafverfolgung und Prävention, was besonders im Fall Anis Amri umfassend belegt ist.

Die Gesellschaft ist erwachsen geworden im Umgang mit dem Terrorismus. Sie hat auch einen Preis gezahlt in einer Währung, die sich Freiheit nennt. Das Attentat von Westminster zeigt, dass sie sich diese Freiheit aber auch bewahren kann.

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