Beinahe jede Woche berichten türkische Medien über Terroranschläge in der Türkei. Meist sind es kleinere Attentate, die sich in den Kurdengebieten im Südosten ereignen und gegen türkische Sicherheitskräfte gerichtet sind. Doch die Abstände auch zwischen größeren Anschlägen werden kürzer: Sie treffen Ziele in Ankara oder Istanbul und fordern viele Opfer. Der Anschlag auf den Atatürk-Flughafen ist der jüngste davon.
Seit fast einem Jahr gehören solche Terroranschläge für die Türken wieder zum traurigen Teil des Alltags. Schon entwickelt sich Routine: die übliche Berichterstattung, die Reaktionen von Politikern, die Verurteilungen und Beileidsbekundungen.
Doch dieses Mal ist es anders: Der größte Flughafen des Landes ist mehr als nur ein Anschlagsziel, an dem viele Menschen auf einmal getötet werden können. Wenn das Attentat in der Istanbuler Altstadt auf eine deutsche Reisegruppe im Januar den Tourismus treffen sollte, dann galt der Anschlag auf den Atatürk-Flughafen der Türkei als Wirtschaftsstandort.
Der Istanbuler Atatürk-Flughafen entwickelte sich in den vergangenen Jahren zu einem der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte der Welt. Im Jahr 2015 wurden dort etwa 61 Millionen Passagiere abgefertigt. Zum Vergleich: 2010 waren es noch etwa 32 Millionen. Der Flughafen ist ein Drehkreuz für den internationalen Luftverkehr.
Zum einen liegt das an der geographischen Lage der Türkei. Zum anderen hängt es mit der Erfolgsgeschichte der halbstaatlichen Fluglinie Turkish Airlines zusammen, die den geographischen Vorteil geschickt nutzt. Die meisten Ziele in Europa, Nordafrika, Zentralasien oder dem Nahen Osten lassen sich in etwa drei Stunden von der Türkei aus erreichen.
Geschäftsleute aus Mogadischu, Pilger auf dem Weg nach Mekka
Turkish Airlines hat seine Basis am Atatürk-Flughafen, der nach dem Gründer der Türkischen Republik, Mustafa Kemal Atatürk, benannt ist. Die Fluggesellschaft hat in den vergangenen Jahren ihre Flotte massiv ausgebaut und steuert nahezu jedes Ziel auf der Welt an. Der Atatürk-Airport ist deshalb seit einigen Jahren nicht mehr nur für Touristen relevant, die weiter an die Strände von Antalya wollen, sondern auch für viele andere Flugreisende, seien es Geschäftsleute aus Mogadischu auf dem Weg nach Dubai oder Pilger, die nach Mekka fliegen.
Neben den niedrigen Flugkosten, die Turkish Airlines auch aufgrund der niedrigeren Lohnkosten in der Türkei anbieten kann, spielen Marketing und Service eine große Rolle für den Aufstieg. Fußball-Star Lionel Messi macht Werbung für die Fluglinie, deren Aktien zur Hälfte vom türkischen Staat gehalten werden und die nun nach dem Anschlag um 3,5 Prozent gefallen sind.
Für diesen Boom der Fluggesellschaft ist der Atatürk-Flughafen allerdings zu klein. Zwar wurde 2001 auf der asiatischen Seite Istanbuls zusätzlich der kleinere Sabiha-Gökçen-Flughafen eröffnet, der den Atatürk-Flughafen im Westen entlasten sollte. Aber auch das reicht nicht aus.